Bergfest
„Schau doch mal, wie die vielen Tische heute gedeckt sind. Die feiern vermutlich irgendein Fest“. Meiner Frau fällt so etwas sofort auf. Bei mir geht das eher vorüber. Aber nach ihren Worten sehe ich auch die Veränderung. Der Speisesaal des Reha-Zentrums Usedom in Kölpinsee hat an diesem Abend ein anderes Gesicht. 2005 sind wir mit unserem kranken Sohn Simon auf der „Juni-Kur“. Neben den Pfingstferien kann ich mir noch einige Tage frei nehmen und insgesamt vier Wochen verbringen wir dort die Kur, damit Simon die bestmöglichste Unterstützung erhält. Irgendwann gegen 19.00 Uhr treten viele Ärzte, Pflegerinnen und Pfleger in den Speisesaal. Sie setzen sich an die festlich geschmückten Tische und verbringen offenbar einen sehr schönen Abend miteinander. Natürlich haben wir am nächsten Tag nach dem Grund dieses Festes gefragt. „Wir feiern das Bergfest“ wart die Antwort. „Bergfest, habe ich noch nie hier gehört. Die höchste Erhebung hat hier doch gerade mal 58 m“ – war meine Antwort. „Das Bergfest feiern wir hier im Osten, wenn genau die Hälfte der Arbeitszeit im Jahr vorüber ist. Jetzt werden die Arbeitstage in diesem Jahr weniger“.
Ich war erstaunt über diese Erklärung. Gleichzeitig war ich überrascht, dass solch ein Fest wahrgenommen wird. Immerhin ein Grund, mit einer kleinen Feier das Miteinander im Kreis aller Mitarbeiter/-innen zu fördern. Heute ist für mich dieses Bergfest. „Wie lange hast du denn vor, diese Updates zu schreiben?“ wurde ich vor allem Ende Mai/Anfang Juni gefragt. Langsam aber sicher, begann damals die Arbeit wieder. Gottesdienste werden seither gefeiert, Besuche können wieder durchgeführt werden, kleine Gruppen treffen sich, ein Gemeindebrief ist fertiggestellt worden und der zweite in Vorbereitung. Alles läuft noch auf Sparflamme. Die Arbeit in der Kirchengemeinde ist ein Spiegelbild der Gesellschaft. Alle hoffen, dass irgendwann ein Normalzustand erreicht werden kann. Keiner weiß bis jetzt, wie und wann das gehen soll. Mit dem Virus müssen wir wohl künftig leben, so wie das auch mit anderen Viren der Fall ist. „Ich will genau ein Jahr meine Updates schreiben“ gebe ich zur Zeit zur Antwort.
Schaffe ich das, dann wird das Letzte am 15.03.2021 geschrieben. Dann feiere ich heute mit dem Update 183 das Bergfest. Damit habe ich die Hälfte erreicht. So ist heute das Ziel zu sehen. Jedenfalls geht die Wegstrecke jetzt hinunter so wie bei einer schönen Bergwanderung. Der Anstieg ist anstrengend, die Aussicht belohnt für alle Mühe, der Abstieg fällt leichter. Vielleicht ist das auch bei meinen Updates der Fall. Und hoffentlich werden sie auch noch künftig gelesen.