Tägliche Gedanken in einer schwierigen Zeit, heute von Pfr. i.R. Ernst Herbert
Befürchten ja, erwarten erst recht!
Als Mitte März auch bei uns in Bayern immer mehr Menschen mit dem Corona-Virus infiziert worden sind, bestand sofort die Gefahr, dass der Festgottesdienst anlässlich des eigenen Konfirmations-Jubiläums am Sonntag vor Pfingsten abgesagt werden könnte. Was alle mit der Zeit immer mehr befürchtet haben, wurde leider bald zur traurigen Gewissheit. Alle Vor-freude auf das Wiedersehen am 24. Mai beim Festgottesdienst und beim anschließenden Treffen in vertrauter Runde war damit wie weggeblasen. Gottesdienste sind seit dem 10. Mai auch in der Altensittenbacher Thomaskirche wieder erlaubt, aber nur in kleiner Zahl, die in einem Sicherheitskonzept festgelegt werden musste.
Das eigene Konfirmationsjubiläum oder das eines Familienangehörigen in diesem Jahr nicht feiern zu können, ist leider längst nicht alles, was wir befürchtet haben und immer noch befürchten. Gott sei Dank sind wir und unsere Angehörigen nicht infiziert, aber wir könnten es noch werden – und das längst nicht immer aus eigener Schuld. Am meisten fürchten wir, dass es unsere Eltern oder ein eigenes Kind bzw. einen guten Freund treffen könnte. Dass nur eingeschränkt Schulunterricht stattfinden kann macht den Eltern Sorgen wie auch den Eltern, dass die Kitas keinen vollen Betrieb leisten dürfen. Immer mehr Menschen – auch in unserer unmittelbaren Umgebung – fürchten leider nicht zu Unrecht um ihren Arbeitsplatz, was viel schlimmer wäre, als in diesem Sommer keinen Auslands-Urlaub machen zu können. Nicht nur die Organisatoren, sondern auch sehr viele Altensittenbacher befürchten, dass es an Pfingsten nichts mit der seit vielen Jahren so beliebten Hans-Görgl-Kirchweih wird oder ringsum mit den Kirchweihen.
Wir sollten uns jedoch nicht von unseren Sorgen und Ängsten lähmen lassen, sondern uns für stärkende Erwartungen öffnen, die uns in unserem christlichen Glauben zuwachsen können. Die Jubelkonfirmation findet wie jedes Jahr traditionell am Sonntag Exaudi, dem Sonntag vor Pfingsten statt – der Sonntag, der inhaltlich schon deutlich auf Pfingsten bezogen ist. Die christliche Gemeinde gedenkt durch alle Zeiten hindurch – auch dieser Corona-Zeit nicht nur an die damalige Ausgießung des Heiligen Geistes am ersten Pfingsten in der Jerusalemer Urgemeinde, sondern die weltweite Gemeinde Jesu Christi erwartet auch heute in dieser angstmachenden Corona-Zeit das Wirken des Heiligen Geistes.
Wir erwarten als Christen, dass Gott uns nicht allein lässt in unseren Sorgen. Wir erwarten, dass der Psalmsatz, der unserem heutigen Sonntag den lateinischen Namen Exaudi „Herr, höre meine Stimme, wenn ich rufe…“ (Ps. 27,7a) gegeben hat, sich auch in diesem Jahr erfüllt, denn die Bitte „Herr, erhöre meine Stimme, wenn ich rufe“ geht weiter mit den Worten „sei mir gnädig und antworte mir. Mein Herz hält dir vor dein Wort: Ihr sollt mein Antlitz suchen. Darum suche ich auch, Herr, dein Antlitz… denn du bist meine Hilfe, verlass mich nicht“. Dieser Davids-Psalm endet mit den Worten: „Ich glaube aber doch, dass ich sehen werde die Güte des Herrn im Lande der Lebendigen. Harre des Herrn! Sei getrost und unverzagt und harre des Herrn!“
Bei allem, was wir in dieser Corona-Zeit realistisch gesehen, leider befürchten müssen, erwarten wir inmitten all unserer Sorgen, dass Gott sein uns immer wieder neu gegebenes Versprechen aus Ps. 50, 15 hält: „Rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten!“ Ja, wir befürchten viel, aber noch mehr erwarten wir, dass unser Gott stärker ist als all unsere Sorgen und Ängste.