Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit
Ein kleiner Schritt für die Menschheit
Update 130 in der Coronakrise
Da saßen wir also stundenlang vor dem Fernseher. Weil es ein Sonntag war, hatten wir dazu viel Zeit. Meine drei Geschwister und ich ließen fast keine Minute aus. Auf dem Bauernhof war es üblich, relativ früh am Sonntag das Mittagessen einzunehmen. Gottesdienst konnte nicht früh genug beginnen, damit „man den Sonntag noch vor sich hat“. Bei uns war das 9.00 Uhr. Und so ließen wir uns schon gegen 10.30 Uhr den üblichen Sonntagsbraten und die Klöße munden. An diesem Tag war das noch wichtiger. Wir wollten bald zum Fernseher gehen. Es stand etwas auf dem Programm, was die Welt noch nicht gesehen hatte. Am Abend sollten die ersten beiden Menschen Schritte auf den Mond machen. Am darauffolgenden Montag wurde extra schulfrei gegeben, damit die Schulkinder das sich anschauen konnten (war kein Problem, da es die letzte Schulwoche vor den Sommerferien war).
So saßen wir den ganzen Sonntag vor der „Glotze“. Wissenschaftliche Erklärungen, Interviews, Nachrichten, dazwischen ein Lied, ein paar Sportnachrichten – all das wechselte sich an diesem Tag ab. Im Nachhinein betrachtet, war der Ablauf relativ eintönig. Aber das Ereignis war umso faszinierender. Aber irgendwie hatte ich mit meinen 11 Jahren damals das Gefühl, es könnte noch ein langer Abend werden. Und tatsächlich: Es zog sich in die Länge. Erst um 21.18 Uhr setzte die Landefähre „Eagle“ auf dem Mond auf. Aber wann wird Neil Armstrong aussteigen? Es zieht sich hin. Gegen 23.00 Uhr meinte mein Vater: „Das dauert zu lange. Jetzt geht es ins Bett“. Und schon hat er das Gerät ausgeschaltet.
Am darauffolgenden Dienstag hat der Lehrer in der Schule die Klasse gefragt: „Wer von euch hat die Mondlandung live gesehen?“ Es waren vier Klassenkameraden. Ich war leider nicht dabei! Aber genau 40 Jahre später, 2009 hat ARTE den gesamten Fernsehtag von damals 1 : 1 gesendet. Und diesmal bin ich aufgeblieben. So ab 1.00 Uhr in der Nacht war ich auf. Kurz vor 4.00 Uhr ist Armstrong ausgestiegen mit seinem berühmten Spruch: „Ein kleiner Schritt für den Menschen, ein riesiger Sprung für die Menschheit“. Und ich habe tatsächlich wieder das Kribbeln von 1969 gespürt. Leider hatte ich am Tag darauf nicht frei und ich war mittlerweile 51 Jahre alt geworden. Es hat ein paar Tage gedauert bis ich dieses „Übernächtigt sein“ verdaut hatte. Aber es hatte sich gelohnt. Denn irgendwie hat der Mond schon eine große Anziehungskraft auf mich. Morgen vor genau 51 Jahren, am 24.07.1969 sind die drei Astronauten von ihrer Mondfahrt zurückgekommen und glücklich im Pazifik gelandet. Aber zum Mond gibt es natürlich grundsätzlich auch noch mehr zu sagen.