Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 175 vom 06.09.2020

Tägliche Gedanken in einer schwierigen Zeit, heute von Lektor Erich Söhnlein

In welcher Art von Organisation wollen wir arbeiten?

Die meisten von uns gehen einer Arbeit nach, die irgendwie in einem Betrieb, einer Firma stattfindet. Und sobald wir dort ankommen, sind wir plötzlich in einer gewissen Rolle: Wir sind Mitarbeiter, wir sind Kollegen, wir sind vielleicht auch Vorgesetzte oder sogar Eigentümer. All das ist die sogenannte Organisation. Und in einer Firma, in einer Organisation, geht es darum, dem Zweck des Unternehmens zu dienen. Das kann dann sein, zum Beispiel möglichst leckeres Brot zu backen, oder Kindern etwas beizubringen, oder Autoteile herzustellen (in meinem Fall). Das kann aber auch ein Verein oder eine Kirchengemeinde sein.

Viele Unternehmen sind mittlerweile so groß, dass nicht einmal mehr der Chef in der Lage ist, alle Details genau zu kennen. Ab einer gewissen Größe kommt es zu einer Spezialisierung, zu einer Teilung der Aufgaben und zur Bildung von Abteilungen. Abteilungen sind genau das, was das Wort sagt: Unterteilung eines vormals zusammenhängenden.

Viele von Euch wissen vielleicht, dass ich mich derzeit beruflich mit dem Bilden von Organisationen beschäftige, und man kann dazu viele kluge Artikel und Bücher lesen, z.B. von Peter Drucker, Frederick Taylor oder Alfred Sloan, wie man das am sinnvollsten macht.

Wenn das Geschäft wächst, dann gibt dort viele gute Tipps, wie man sinnvoll unterteilt, Leute nach harten Kriterien als Leiter aussucht, auch gerne mal einen Spezialisten oder eine erfahrene Führungskraft von einem Konkurrenten abwirbt. Wichtig ist bei allem, was man an- und umbaut an der Organisation, dass es danach besser läuft, als vorher.

Ein besonderes Buch, dass ich allen Chefs ans Herz lege, ist die Bibel. Vor allem die Apostelgeschichte. Dort wird mit sehr vielen Details beschrieben, wie der engste Kreis um Jesus, die Zwölf, wie sie dort heißen, die erste Gemeinde gründen, missionieren, Gemeindewachstum begleiten, soziale Dienste ins Leben rufen und mit Konflikten innerhalb und außerhalb der Gemeinde umgehen müssen.

Klar, die gesamte Bibel ist voller guter und schlechter Beispiele für Führungskräfte. Die Apostelgeschichte hat jedoch den Charme, dass wir dort Menschen finden, die aus Lebenssituationen kommen, die wir heute auch so kennen, mit Problemen und Lösungen, die uns näher erscheinen, als manch andere Stelle in der Bibel.

Im Kapitel 6 finden wir so eine Situation:

Die Gemeinde in Jerusalem war in kurzer Zeit stark gewachsen. Immer noch lag an den 12 Gründungs-Aposteln, die Gemeinde zu leiten, zu predigen, Gottesdienste zu halten und auch die Sozialdienste zu koordinieren.

Bei ihnen lag praktisch alles, um das man sich in einer Kirchengemeinde kümmern musste, möglicherweise noch etliches mehr, da die Gemeinde im Wachstum war.

Jedes neue Gemeindeglied wollte eingebunden werden, es mussten ständig neue, größere Räume für Versammlungen gefunden werden, und im Zentrum stand der Auftrag Jesu, seine frohe Botschaft zu erzählen, dass möglichst viele Menschen zum Glauben kommen. Menschen, egal, wer sie sind.

Gut, in den allermeisten Fällen waren das Juden. Eine gewisse Anzahl der neuen Mitglieder waren hellenistische Juden, Menschen also, die aus dem griechischen Kulturkreis kamen, meist griechisch sprachen und sich auch anders benahmen. Und einer der karitativen Dienste in der Gemeinde war, eine Art Tafel, eine Versorgung der Witwen mit dem Nötigsten. Das war vor allem für Witwen etwas sehr wichtiges, weil sie oft nach dem Tod des Mannes komplett ohne Versorgung dastanden.

Es war den Aposteln wichtig, dass innerhalb der Gemeinde echte Christusliebe wirklich praktiziert wird, und allen Witwen so gut es ging geholfen wird. Aus anderen Kapiteln der Apostelgeschichte wissen wir, dass die Gemeinde das Teilen der Güter untereinander sehr ernst nahm.

Nun aber passierte etwas eigentlich vollkommen normales: Die Apostel waren zwar zu zwölft, aber halt auch nur zwölf, und es kam der Punkt, an dem auch zu zwölft nicht mehr alles mit gleicher Qualität zu schaffen ist. Ausgerechnet die Witwen auf Seiten der griechisch sprachigen Juden wurden vergessen bei der täglichen Versorgung! Schnell kam es Murren, dass es wohl Gemeindemitglieder erster und zweiter Klasse gäbe.

Die Zwölf mussten handeln. Sie hatten mehrere Möglichkeiten.

So hätten sie zum Beispiel das Murren ignorieren können. Bei einer Gemeinde im Wachstum kann sowas schon mal vorkommen und irgendwie hätte sich da schon einer drum gekümmert. Vielleicht noch aus der Ferne zugucken und erst reagieren, wenn es nicht mehr anders geht. Aussitzen nennt man das heute.

Eine andere Möglichkeit wäre auch gewesen, zwar einzugestehen, dass manches gerade nicht rund läuft, den Fehler aber eher außerhalb der eigenen Organisation zu suchen, vielleicht bei den griechischen Juden selbst, die sich da an die eigene Nase fassen sollten und proaktiv die eigenen Witwen besser versorgen sollten. Oder es liegt einfach daran, dass es eigentlich zu viele Witwen bei den griechischen Juden gibt. Heute ist das eine Art der Kommunikation, die nichts ändert, aber die Unternehmensleitung gut aussehen lässt. Ja, die 12 sind in gewisser Weise Unternehmer. Die Strategie und der Auftrag kommt von Gott.

Eine andere Möglichkeit wäre auch gewesen, zwar einzugestehen, dass manches gerade nicht rund läuft, den Fehler aber eher außerhalb der eigenen Organisation zu suchen, vielleicht bei den griechischen Juden selbst, die sich da an die eigene Nase fassen sollten und proaktiv die eigenen Witwen besser versorgen sollten. Oder es liegt einfach daran, dass es eigentlich zu viele Witwen bei den griechischen Juden gibt. Heute ist das eine Art der Kommunikation, die nichts ändert, aber die Unternehmensleitung gut aussehen lässt. Ja, die 12 sind in gewisser Weise Unternehmer. Die Strategie und der Auftrag kommt von Gott.

Oder, sie hätten Berater für Gemeindebau rufen können, die dann die Gemeinde mal umstrukturiert hätten, die Störer aus der Gemeinde entfernt hätten und zugleich Führungskräfte aus anderen Gemeinden einstellen können, ein paar Pharisäer. Die kannten sich schließlich sehr gut mit dem Teilen aus (vgl. Matth. 23).

Die Zwölf hätten als harte Manager reagieren können und recht schnell die erste Gemeinde in eine toxische Organisation umkippen können. Keine echte Liebe mehr, nur noch kalte Effizienz. Kein Verzeihen mehr, nur noch abstreiten und aussitzen von Verantwortung.

Und hier setzt das Lehrstück für heutige Führungskräfte an. Die 12 tun genau das richtige!

Die 12 stellen sich vor die versammelte Gemeinde und sprechen offen an, was in der Gemeinde vor sich geht.

Sie sprechen aber auch offen an, was ihnen wichtig ist, nämlich die Verbreitung des Wortes. Die Versorgung der Witwen ist es auch, aber der Auftrag der Wortverkündung darf darunter nicht leiden. Sie erklären klar, dass sie als 12er Leitungsteam sich auf das Wort konzentrieren wollen. Einfach, weil sie das am besten können.

Die Versorgung der Witwen soll in kompetentere Hände gelegt werden, und dafür darf die Versammlung 7 Männer bestimmen, die voll Geist und Weisheit sind sowie einen guten Ruf haben. Männer also, denen man dieses Amt zutraut. Leute, die durch ihre Art auch weitere Menschen anziehen, bei der neuen Aufgabe mitzumachen. Männer, die den Auftrag Jesu verstanden haben, die dienen wollen und nicht einfach ein prominentes Amt haben wollen. Männer, die in der Gemeinde gewachsen sind, die man kennt. Männer, die der Gemeinde und Gott dienen wollen.

Und man findet die 7 Männer, den Namen nach wohl alle selbst griechische Juden. Einer davon ist Stephanus, der später gesteinigt wird.

Und ganz wichtig: Es bleibt nicht dabei, die neue Organisation ernannt zu haben. Sie wird noch dem Gebet und dem Segen Gottes unterstellt. Erst dann kann sie wirken.

Die Rechnung geht auf! Die Gemeinde wächst schneller als vorher und das Problem war gelöst.

In welcher Organisation wollen wir sein? In einer toxischen? Jeden Morgen gehen wir mit Magenschmerzen hin und sind froh, wenn der Tag um ist. Die Zahlen passen, aber die Menschen, egal ob Mitarbeiter oder Führungskräfte brennen innerlich aus, der Urlaub wird zur Flucht aus der Organisation.

Oder träumen wir nicht von einer Organisation, wie sie Kraft des Heiligen Geistes und mit Jesus in der Mitte damals in Jerusalem entstanden ist? Tätige Liebe im Auftrag, aber auch im Miteinander. Liebe in der Wahrnehmung der Menschen, ihrer Unterschiedlichkeit und ihrer Probleme. Gemeinsames Gebet und Segnung der gefundene Lösung. Die Organisation als lebendiger Leib Christi.

Ein Traum? Etwas, das wir nur, wenn überhaupt im geschützten Biotop einer Kirche vorfinden? Nein, mitnichten! Es gibt sie tatsächlich, diese durch Liebe gewirkten Organisationen, heute, außerhalb von Kirchen oder ähnlichem. Es gibt sie, sogar mit großem geschäftlichen Erfolg.

Vielleicht kann ich in einem weiteren Update noch etwas mehr dazu schrieben. Seid gespannt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert