Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit
Mensch, ärgere dich nicht
So schlimm diese ganze Coronakrise auch ist, sie schenkt mir immer wieder neue Erfahrungen. Sogar in der Gemeindearbeit haben wir Methoden über Videokonferenzen entwickelt, die auch bei präsentischen Veranstaltungen in Zukunft geplant werden können. Auch bei persönlichen Begegnungen erlebe ich Überraschungen.
Bei einem Geburtstagsbesuch komme ich zu einem Ehepaar. Vor mir liegt auf dem Tisch das Spielfeld von „Mensch, ärgere dich nicht“. Sofort kommen in mir Kindheitserinnerungen hoch. Weit über mehrere hundert Mal habe ich dieses Spiel von Kind an bis ins Erwachsenenalter gespielt. Irgendwann habe ich auch die Variante „Pachisi“ kennengelernt. Der pädagogische Effekt ist nicht zu verleugnen. So lernen auch schon Kinder, dass es im Leben nicht nur Erfolgsmeldungen geben wird. Spannend finde ich auch die unterschiedlichen Regeln. Bei uns war es so, dass mein eigener Stein wieder ins Haus musste, wenn er das Schlagen vergessen hatte. Wenn noch alle Steine im Haus sind, durften wir dreimal würfeln um eine Sechs zu erreichen. „Ich sehe, Sie spielen gerne „Mensch ärgere dich nicht“. Das habe ich zum Ehepaar gesagt und mich spontan für eine Spielrunde angeboten. Gesagt – getan. Das Ehepaar wird das vermutlich nicht vergessen, dass der Pfarrer mit ihnen beim Geburtstagsbesuch gespielt hat (und ich auch nicht). Es hat mir wieder sehr viel Spaß gemacht.
Bei diesem Spiel gibt es eine Situation, die wirklich ärgerlich ist: Wenn der eigene Stein direkt vor dem Ziel noch geschmissen wird. Vor allem auch dann, wenn es der letzte Stein ist. Das alles ist für mich durchaus ein gutes Beispiel für die gegenwärtige Situation. Wie oft habe ich positive Meldungen gehört. Ich hatte schon eine große Hoffnung in mir. Und dann ging es doch wieder fast von vorne an. Ich schreibe diese Zeilen am 13.03.2021. Gerade habe ich gehört, dass Italien bis Ostern in den dritten Lockdown geht. Noch vor vier Wochen haben dort die Politiker „groß getönt“, dass sie die Pandemie im Griff haben und mit den drei Farben-Ampel jetzt geöffnet haben. Das ist schon wieder Schnee von gestern. Es sind jetzt doch nicht „alle Steine“ im Ziel. Es muss wieder neu gedacht und gehandelt werden. Und plötzlich steht unser geplanter Jahresurlaub ab Pfingsten wieder mal in den Sternen. Da kann ich nur eines sagen: Mensch, ärgere dich nicht“. (Und heute, am 27.05.2021 sind wir doch wieder in Italien am Cavediner See, 15 km nördlich vom Gardasee).