Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 167 vom 29.08.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Ein bisschen Schläue gehört auch zu einem Examen

Kannst Du mir ein paar Tipps für das erste Examen geben?“ Diese Frage richtete ich an einen Mitstudenten, der gerade diese Prüfung hinter sich gebracht hatte und darauf wartete, dass ihm sein Ort für das Vikariat mitgeteilt wird. Er überlegt nicht lange. „Versuch rechtzeitig heraus zu bekommen, welche Prüfer du in den einzelnen Fächer haben könntest. Und wenn welche von der theologischen Fakultät in Erlangen dabei sind, dann gehe in ihre Vorlesungen. Dann erfährst Du etwas über ihre Art des Denkens und über ihre Vorlieben für Theologen“.

Ein sehr guter Rat, den ich als Erlanger Student sofort umgesetzt habe. Und so habe ich schon acht Monate vor den Prüfungen im Landeskirchenamt angerufen und die Namen der Prüfer (es waren keine Frauen dabei!!) erfahren. Weil wir 1982 80 Examenskandidaten waren (eine Traumanzahl im Vergleich zu heute), wurden mir für jedes Fach zwei Prüfer genannt. Immerhin war damit die Chance noch 50 %, einen Prüfer aus Erlangen zu erwischen.

Ein Treffer ins Schwarze war der Bereich „Kirchengeschichte“. Ich habe bei Prof. Beyschlag zwei Semester lang die Vorlesung zum Bereich „Alte Kirche“ gehört. Ungefähr 70 % des gesamten Inhaltes befassten sich mit dem Kirchenvater Augustin (siehe mein gestriges Update 166). Ein Satz von ihm ist mir dabei ganz haften geblieben. „Augustin war der größte Mystiker der Kirchengeschichte“. Das Examen kam. Es werden immer zwei Themen angeboten. Das erste Thema hieß: „Die Reformationsgeschichte von 1521 – 1530“. Da wusste ich schon etwas. Aber ich dachte mir: Da darf ich keine Kleinigkeit vergessen. Da muss ich jedes Ereignis nennen. Naja. Schau ich mal auf das zweite Thema: „Die Mystik im Laufe der Kirchengeschichte“. Dieses Thema war also das glatte Gegenteil vom ersten Thema. Bei diesem zweiten Thema ging es um einige Grundzüge von Jesus bis zur gegenwärtigen charismatischen Bewegung, die ich selbst von innen kannte. Ich überlegte mir kurz: Die meisten werden wohl das erste Thema nehmen, weil nicht viele über die Mystik Bescheid wissen. Aber ich hatte den Satz von Prof. Beyschlag im Kopf und wusste sehr viel über den Kirchenvater.

Also schrieb ich insgesamt sieben von 13 Seiten über Augustin mit dem Schlussergebnis: „Augustin war der größte Mystiker der Kirchengeschichte“. Im Hinterkopf hatte ich: Sollte ich Wesentliches vergessen habe, so stimmt immerhin der Schluss und das wird Prof. Beyschlag doch wohl honorieren. So war es dann auch. Nur vier von den über 80 Examenskandidaten haben das Thema „Mystik“ genommen und ich habe eine sehr gute Note bekommen, auf die ich auch ein wenig stolz war. Von daher habe ich den Hl. Augustin sehr viel zu verdanken.

Und bis heute wirkt er anregend auf mich, auch wenn viele seiner Thesen durchaus anders beurteilt werden können. Aber seine theologische Leistung ist so herausragend, dass ich noch heute diese Vorlesungen von Prof. Beyschlag in guter Erinnerung habe und viele Zitate dieses Kirchenvaters zum Nachdenken anregen.

Hier zwei Beispiele: „Die Seele nährt sich von dem, worüber sie sich freut“ und „Gott sieht die Welt als wäre sie ein einzelner und er sieht den einzelnen, als wäre er die Welt“. Und sein bekanntestes Zitat als größter Mystiker der Kirchengeschichte lautet: „Ich hätte dich, Gott nicht gefunden, wenn Du, Gott mich nicht gefunden hättest“. Und in drei Tagen beim Update 170 gibt es noch ein paar mehr Zitate dieses großen Kirchenvaters.

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