Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit
Die Datteln waren es
Unsere Apfelsaftaktion ist beendet. Weil wir in diesem Jahr 50 Jahre selbständiges Pfarramt Altensittenbach mit Oberkrumbach feiern, wollten wir diese besondere Aktion durchführen. Vor genau drei Jahre feierten evangelische Christen 500 Reformation. Es wurde die Idee umgesetzt, einen Apfelsaft zu pressen mit einem schönen Aufkleber und dieses Getränk zu verkaufen. Wir haben viele seltene Apfelsorten vor allem auf dem sog. Anger stehen. Tatsächlich hatten wir es geschafft insgesamt 140 Beutel in 5-Liter-Packungen herzustellen und zu verkaufen. Damals gab es wenig Äpfel und gutes Wetter. Diesmal war es genau umgekehrt. Es gab sehr viele Äpfel und sehr schlechtes Wetter.
Aber mit vereinter Hilfe haben wir es geschafft, insgesamt 260 Beutel wieder in 5-Liter-Packungen zu lagern und im kommenden Jahr zu verkaufen. Wenn ich die Äpfel anschaue, denke ich fast immer an den berühmten Spruch: „Mit solch einem Apfel hat die Eva den Adam verführt“. Kein Wunder, dass im Laufe der Zeit die Frauen immer ein wenig schlechter hingestellt wurden als das männliche Geschlecht. Ich erinnere mich an Diskussionen, die mit dieser Geschichte ganz vorne aus der Bibel eine angebliche Überlegenheit des Mannes zur Frau begründen wollen. Also liebe Männer (und Frauen). Schaut einmal genau in die Bibel hinein. Dann werdet ihr lesen, dass von einem Apfel nirgends die Rede ist.
„Und die Frau sah, dass von dem Baum gut zu essen wäre und dass er eine Lust für die Augen wäre und verlockend, weil er klug machte. Und sie nahm von seiner Frucht und aß und gab ihrem Mann, der bei ihr war, auch davon und er aß“ (1. Mose 3, 6). Ich erinnere mich gen au an den berühmten Professor im Alten Testament in Marburg, Otto Kaiser. Er wurde sehr laut und rief eindringlich in den Hörsaal: „Da ist von Frucht die Rede. Vom Apfel steht nichts da. Mit der Frucht sind die Datteln gemeint“. Diese Geschichte vertieft meine sonstige Beobachtung: Biblische Geschichten werden in die eigene Lebenswirklichkeit übertragen. Die Weihnachtsgeschichte sieht auf vielen Gemälden so aus als wäre sie irgendwo in Bayern in den Bergen geschehen. Jesus wird als Mensch mit weißer Hautfarbe dargestellt. Die Krippenszene erinnert mich oft an eine „Deutsche Weihnacht“ mit Schnee. Im Hintergrund singen die Engel „Stille Nacht“. Es ist wichtig, dass Menschen die biblischen Geschichten in ihre Alltagswirklichkeit übertragen. Dann muss aber im Hinterkopf das Wissen stehen, dass es „real“ ganz anders war. Und dazu gehört eben, dass die Frucht, die Eva dem Adam gegeben hat, kein Apfel war. Außerdem hätte der Adam auch nein sagen können. Aber wer in dieser Szene hier theologisch argumentieren will, der müsste Tausende von Seiten in vielen Hunderten von Büchern lesen. Nicht einmal Theologiestudenten machen das. Es reicht, wenn jeder sich das klar macht: Es war nicht der Apfel, auch wenn er noch so gut schmeckt.