Wenn Corona will, steht (wieder überall) fast alles still, Update 315 vom 24.01.2021

Tägliche Gedanken in einer schwierigen Zeit, heute von Pfr. Dr. Siegfried Schwemmer (Hintergrund ist die Tatsache, dass heute der erste Abendmahlsgottesdienst in diesem Jahr in der Thomaskirche geplant war. Da passt der Text sehr gut dazu)

Lebensfreude

Ich war noch nicht lange Pfarrer, als bei einer Abendmahlsfeier der Wein zur Neige ging: Eine komische Situation, die wir beheben konnten, weil ein Kirchenvorsteher schnell nach Hause lief und eine Flasche Wein aus seinem Keller holte. Mit Verzögerung konnte die Feier des Heiligen Mahles fortgesetzt werden.

An diese Begebenheit muss ich denken, wenn ich lese, dass Jesus mit seiner Mutter und den Jüngern auf einer Hochzeit in Kana war (Johannes 2,1-12): Als sie fröhlich feierten, ging der Wein aus. Die Gäste saßen auf dem Trockenen. Da ließ Jesus Wasser in Krüge füllen und verwandelte das Wasser in sechshundert Liter besten Wein. Das Johannesevangelium berichtet: Es war das erste Zeichen, das Jesus tat. Dieses Zeichen der Freude steht wie ein Vorzeichen über dem Leben Jesu.

Jesus weiß, wie sehr die gekelterten Früchte des Weinstocks zu dieser Freude beitragen. Der Weinberg, der Weinstock, die Weinrebe sind fester Bestandteil in seiner Verkündigung. Jesus aß und trank mit Zöllnern, Sündern und mit seinen Jüngern. Er musste sich den Vorwurf gefallen lassen, ein Fresser und Weinsäufer zu sein (Matthäus 11,19). Jesus war immer Herr seiner Selbst. Aber er hatte Freude am Leben.

Schon der Beter des Psalms sagt: Der Wein erfreut des Menschen Herz (Psalm 104,15). Im Buch Jesus Sirach lesen wir: Der Wein erquickt die Menschen, wenn man ihn mäßig trinkt! … Er ist geschaffen, dass er die Menschen fröhlich machen soll. Der Wein, zur rechten Zeit getrunken, erfreut Herz und Seele (Sirach 31,32-35).

Der Weinstock war vor mehr als 2000 Jahren das „edelste Produkt des palästinischen Kulturlandes“, und der vergorene Saft seiner Trauben ein uraltes Kultgetränk. Als Mose Spione in das Land Kanaan schickte, um die Lebensbedingungen dort zu erkunden, brachten sie eine riesige Traube mit, die zwei Männer kaum schleppen konnten: Der Beweis, dass in diesem Land Milch und Honig flossen. Seit dem Auszug aus Ägypten gehörte das Trankopfer zu jedem Brand- und Friedensopfer. Und beim Passahmahl gab und gibt es, neben dem ungesäuerten Brot, Wein. Auch zu dem letzten Passahmahl, das der Jude Jesus mit seinen Freunden in Jerusalem feierte, gehörte „das obligatorische Trinken von Wein“ (Roloff, Weinstock, in: Reclams Bibel Lexikon, 578).

Brot und Wein sind die Zeichen für das Heilige Mahl, das Christen am Tisch ihres Herrn feiern. Christus verbindet sich mit den elementaren Lebensmitteln, und er wird eins mit unserem Körper:

Christus inkarniert seinen Geist in die Materie. Er nimmt das Brot und sagt: Ich bin das Brot des Lebens (Johannes 6,30-35). Bei seinem letzten Mahl deutet er auf das Brot und sagt: Das bin ich, das ist mein Leib (Markus 14,22). Wenn wir in der Eucharistie seinen Leib empfangen wird er eins mit uns.

Ebenso zeigt Christus auf den Weinstock und auf seine Früchte und sagt: Ich bin der Weinstock (Johannes 15,1-8). Die reifen Trauben, die geerntet und gekeltert werden, sind Zeichen für seinen Tod, für sein Blut, das er vergießt. Beim letzten Mahl mit seinen Jüngern nimmt er den Kelch mit Wein und sagt: Das ist mein Blut, das für viele vergossen wird (Markus 14,24). Wenn wir in der Eucharistie sein Blut trinken, wird es zu unserem Blut.

Das Heilige Mahl ist ein Lebensmahl. Es ist Ausdruck der Lebensfreude. Wenn wir Christus essen und trinken, dann haben wir Anteil an seinem Leben. Sein Leib wird zu unserem Leib. Das ist die Wandlung!

Aus: Siegfried J. Schwemmer, Mut zur Veränderung. Christsein in der Gegenwart, KDP 2020, S. 135f.

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