Wenn Corona will, steht (wieder überall) fast alles still, Update 341 vom 19.02.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Ein feste Burg und die gerissene Kupplung

Gestern hat sich der Todestag von Martin Luther gejährt. Vor genau 485 Jahren ist er in Eisleben gestorben. Sein Lied: „Ein feste Burg ist unser Gott“ wurde zum Bekenntnislied der Evangelischen. Es wird fast immer am Reformationsfest gesungen. Das Lied ist eine Vertonung von Psalm 46. Ich habe dazu eine ganz besondere persönliche Geschichte.

Im Sommersemester 1979 an der Augustana- Hochschule in Neuendettelsau wird das homiletische Seminar angeboten. Ich bin zwar erst im vierten Semester, hatte aber sehr viel Lust, schon so bald dieses Seminar zur Predigtlehre zu absolvieren. Die Mitstudenten/-innen waren bis zu drei Jahren älter als ich. Mich hat besonders interessiert, wie der neue Professor für Praktische Theologie, Richard Rieß, dieses Seminar leitet. Außerdem hatte ich als Student schon einige Predigterfahrung, weil die Pfarrer im Dekanat Rothenburg o/T mich mehrmals als Vertretung angefragt hatten.

Es war das erste Seminar dieser Art von Prof. Rieß an der kirchlichen Hochschule. Beim ersten Treffen fragte er gleich danach, wer als Erster sich eine Predigt mit einem Gottesdienst zutraut. Es war üblich, dass diese Seminarpredigten in ganz normalen Gottesdiensten an einem unbekannten Ort an einem Sonntag früh gehalten werden sollten. Niemand meldete sich. Da habe ich meine Hand gehoben und mich dafür bereit erklärt. Mir wurde die Predigt zu Psalm 46 zugeteilt. Ich sollte sie im Dorf Wernsbach b. Ansbach halten. Um einen Eindruck von der Kirche zu erhalten, bin ich am Tag vor dem Gottesdienst dorthin gefahren und habe mir die Kirche angeschaut. Bei der Rückfahrt auf halbem Weg riss am Auto die Kupplung und ich stand auf der Straße. Es gab noch keine Handys. Ich bin ins nächste Dorf gelaufen, habe bei einer Familie geklingelt und meinen Freund Herrman angerufen. Er kam mit seinem Auto und mit einem Abschleppseil. Er hat mich nach Neuendettelsau in die Werkstatt geschleppt.

Es war schon spät am Abend, als ich Prof. Rieß angerufen habe um ihm den Vorfall zu schildern. Er war ganz bestürzt und fragte mich, ob ich trotz dieser Aufregung den Gottesdienst halten kann. „Ja, kann ich. Kein Problem. Ich wollte sie nur informieren“. Aber er war nicht so leicht zu beruhigen. Immer wieder sagte er mir, dass er hoffe, dass dieses Erlebnis nicht zu sehr meine morgige Gefühlslage bestimmen wird. Ich wiegelte ab und der Gottesdienst ging zu meiner vollsten Zufriedenheit von statten. Auch das Predigtnachgespräch mit den anderen vom Seminar in einer Gastwirtschaft lief sehr gut.

Ich denke mir bis heute: Vermutlich war der Professor nervöser als ich. Schließlich war es auch für ihn die erste Predigtbesprechung anlässlich solch eines Seminares in Neuendettelsau. Und ganz ehrlich: Diese ganze Coronapandemie macht mir mehr Kummer als das gerissene Kupplungsseil am Abend vor meiner Seminarpredigt.

Meine Schwägerin Silvia Dörr spielt das bekannte Reformationslied auf dem Klavier.

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