Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit
Vor mir liegt die Hersbrucker Zeitung vom 26.05.2020. Vor fast genau vier Wochen war das die Hauptüberschrift für den Lokalteil: „Wenn das weiß Gold wertlos wird“. Selbst als Beauftragter für Landwirtschaft musste ich kurz nachdenken, was damit gemeint ist. Fast eine ganze Seite wird sich dann dem Thema gewidmet, welche schlimmen Folgen Corona für die Milchbauern hat. Die Milchpreise stehen sowieso schon unter Druck und der gewünschte Mindestpreis von 40 ct ist kaum durchzudrücken. Durch die Coronakrise verschlimmert sich das noch. Im Artikel wird darüber diskutiert, welcher Weg sinnvoller ist: Reduktion der Mengenerzeugung, private Lagerhaltung oder öffentliche Intervention durch Ankauf der EU-Kommission zu festgelegten Preisen in Form von Magermilchpulver und Butter von März bis September. Was ist der bessere Weg?
Mich hat das erinnert an meine Zeit als Bauernsohn eines Milchviehbetriebes in den 60-er und 70-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Wir hatten immerhin 16 Milchkühe. Durch den Bau eines modernen Stalles 1961 hatten wir eine moderne Melkanlage erhalten. Die Milch wurde bis 1970 in Kannen abgefüllt und in die Melkkammer getragen, später kam eine Rohrmelkanlage dazu. Einmal im Monat kam der „Milchmesser“. Er hat sich erst einen Tag vorher angekündigt, damit ein Landwirt nicht ein paar Tage vorher schon „zugefüttert“ hat umso eine höhere Milchleistung zu erreichen. Immerhin gab es am Ende des Jahres eine Plakette. Je nach Milchleistung pro Kuh gab es die grüne, die rote oder die gelbe Plakette. Wie stolz war ich, als wir zum ersten Mal die gelbe Plakette erhielten mit der Bestätigung, dass wir pro Kuh 5000 Liter Milch/Jahr produziert haben.
Immer wieder kam im Laufe des Jahres der „Zuchtwart“ vom Amt für Landwirtschaft in Rothenburg. Er hat dann alles noch einmal überprüft und Ratschläge und Tipps weitergegeben. Eines Tages sagt er zu meinem Vater: „Ihr gebt ja euren Kühen komische Namen: Rebekka, Sarah und vor allem Salome. Die Tiere heißen doch sonst vor allem Susi und Berta“. Mein Vater hat ihn dann aufgeklärt. „Die Namen sucht mein Sohn Gerhard aus. Der will biblische Namen“. Für die in der Landwirtschaft Unkundigen: Der Name der Kuh hatte als Anfangsbuchstaben immer auch den Anfangsbuchstaben des Namens der Mutter. Wir hatten einmal eine „Susi“ im Stall, die 12 Kälber geboren hat. Diese hohe Kälberzahl kommt in der heutigen Zeit praktisch nicht mehr vor. Aber dadurch hatten viele Kühe von uns den Anfangsbuchstaben S.
Mir hat der Name Salome wirklich gut gefallen. Er erinnert mich an eine der drei Frauen, die am Ostermorgen zum Grab von Jesus gehen um den Leichnam zu salben (Markus 16, 1). Der Name erinnert mich aber auch an eine besondere Geschichte in der Bibel, die so wichtig, wenn auch traurig und skrupellos ist. Sie steht ausführlich im Markusevangelium im sechsten Kapitel. Johannes der Täufer war von König Herodes gefangengenommen worden, weil dieser die Heirat des Königs mit seiner Schwägerin Herodias kritisierte. Salome tanzt vor dem König und der gibt ihr einen Wunsch „bis zur Hälfte des Königreiches“ frei. In Rücksprache mit der Mutter wünscht sie sich den Kopf von Johannes. Dieser wird enthauptet und der Kopf wird hereingetragen. Interessant ist für mich, dass der Name Salome in der Bibel gar nicht erwähnt ist. Er wurde erst im 5. Jahrhundert konkret genannt. Zum anderen finde ich auch den Kommentar meines Pfarrers und Religionslehrers aus der zweiten Klasse interessant, den ich mir gemerkt habe. „Herodes hätte sagen können, dass Johannes zur anderen Hälfte des Königreiches gehört. Dann wäre Johannes nicht umgebracht worden“.
Ich finde das bis heute eine interessante Einschätzung bei allen Worten und Bemerkungen zur Lösung der Coronakrise. Wie ehrlich und wahrhaftig überlegen sich Verantwortliche ihr Tun, Verhalten und ihre Strategie im Angesicht der Menschen, die davon im Alltag betroffen sind. Denn immerhin ist der Name Salome vom hebräischen „Shalom“ abgeleitet und bedeutet „die Friedliche, die Friedfertige“. Ich wünsche mir, dass die Milchlandwirte auch Frieden finden in den Verhandlungen mit den Behörden, damit sie gut leben und überleben können. Salome hat also sehr viel mit Johannes dem Täufer zu tun. Aber davon morgen mehr.