Archiv des Autors: Pfr. Gerhard Metzger

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 215 vom 16.10.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Das Gugelmaicherl

Das ist immer wieder spannend in der Präparandengruppe. Denn irgendwann kommen wir auf die Kirchengemeinden zu sprechen und damit auch auf die Namen der Kirchen. Ich erinnere mich, dass dies in meiner eigenen Konfirmandenzeit Anfang der 70-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts noch anders war. Dass die Kirche von Habelsee dem Michael geweiht ist (siehe mein Update 198 vom 29.09.2020) habe ich von meinem Vater erfahren. Der Ortspfarrer kam nie darauf zu sprechen. Vermutlich wurde das als „katholisch“ abgetan. An meiner ersten Pfarrstelle in Weißenbach/Rhön von 1984 – 1988 hatte ich drei Kirchen. Keine Einzige davon hatte einen Namen. Gegenwärtig ist das anders. Die Kirchennamen sind auch in evangelischen Gemeinden wieder wichtig und es wird darüber gesprochen.

Bei der Nachfrage nach der Thomaskirche in Altensittenbach wissen die Jugendlichen in der Regel Bescheid. „Die Kirche ist wohl nach dem ungläubigen Thomas benannt“. Ja, so ist es. Dieser Jünger steht dafür Pate obwohl ich die Bezeichnung „ungläubig“ nicht mag. Aber das ist ein anderes Thema, auf das ich später einmal (kurz vor dem Weihnachtsfest) eingehen werde. Schwieriger wird es bei der Frage nach dem Namen der Kirche in der Filialgemeinde Oberkrumbach. Immerhin: Der Name „Margaretenkirche“ ist gegenwärtig. Aber auf die Rückfrage, nach welcher Frau diese Kirche ihren Namen hat, passen viele. Aber dann fällt doch dem einen oder anderen die Geschichte ein, nach der die Figur in der Dorfkirche genannt wird: Die „Gugelmaicherl“.

Das ist die liebevolle Bezeichnung für die Kirchenpatronin. Erzählt wird die Überlieferung, dass eine Margarete von Gugel die Tochter eines adeligen Geschlechts war. Sie weilte einst zu Besuch auf der Burg Hohenstein. Auf dem Heimweg kam sie in eine Krise. Denn sie verirrte sich im Wald. Da läutete das „Glöcklein“ der Kapelle Hirsdorf, einem später eingeäscherten Weiler, der am Weg nach Kirchensittenbach auf halbem Weg nahe dem Bach lag zum Abendgebet. Das abendliche Geläut half dem adeligen Fräulein, den Weg in die elterliche Behausung zu finden. Aus Dankbarkeit stiftete sie die Kirche zu Oberkrumbach. Ihre Ruhestätte soll sich an der Südseite des Kirchturms befinden. Der Sage nach hätten „Peganbrüder“ in ihrer Einsiedelei zu Hirsdorf dreimal täglich ihr Stundengebet in Gugeln gehalten. Das waren rote oder blaue Mänteln mit Kapuzen, die nur die Augen frei ließen (mit einem Nasen-Mund-Schutz zu Coronazeiten hätten sie wohl keine Probleme gehabt). In der besagten Kirchenstifterin und ihrer gleichfalls jungfräulichen Schwester hätten sie ihre Wohltäter gefunden.

Eine sehr schöne Geschichte, wie aus einer Lebenskrise etwas Gutes wurde. Leider ist diese Geschichte nur eine Legende. Denn ein Geschlecht von Gugel findet in den Urkunden keine Erwähnung. Und dass eine Margarete von Gugel heilig gesprochen worden ist und so zur Kirchenpatronin wurde, stimmt leider auch nicht. Aber es gab eine Margareta von Antiochia, die an der Wende vom 3. zum 4. Jahrhundert gelebt hat und schon mit 15 Jahren zur Märtyrerin wurde. Die Legende erzählt, wie ihr im Gefängnis ein Drache erschien, um sie zu verschlingen. Daher kommt vermutlich der „Lindwurm“ unter ihrer Figur. Sie machte schnell das Kreuzzeichen und wurde gerettet. Nicht gerettet wurde sie aber vor der Hinrichtung durch das Schwert. Auf dem Weg dorthin betete sie für ihre Verfolger. Sie ist die Heilige für Schwangere und Gebärende und ist deshalb eine der vierzehn Nothelfer, wie das in der berühmten Wallfahrtskirche „Vierzehnheiligen“ zu sehen ist.

Für mich bleibt es immer noch überraschend, dass ausgerechnet die Kirche in diesem kleinen Dorf nach ihr benannt ist. Heute am 16.10. ist ihr Namenstag. Und alle, die so heißen in allen abgewandelten Formen (z.B. Greta, Gretel o.ä.) dürfen sich freuen. Denn die deutsche Übersetzung lautet: „Die Perle“.

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 214 vom 15.10.2020

Tägliche Gedanken in einer schwierigen Zeit, heute von Dr. Mathias Kropf

Die Kraft der Worte

Im heutigen Update möchte ich eine wahre Begebenheit aus dem Leben des berühmten Erfinders Thomas Alva Edison (1847 – 1931) berichten. Ihm werden viele geniale Erfindungen in der Elektrotechnik (Gleichstrom), Telegrafie und sogar die erste Kohlefaden-Glühlampe (Glühbirne) zugeschrieben. Diese Geschichte aus den frühen Schultagen seines Lebens bewegt mich immer wieder! Ich habe sie aus dem Buch von Debora Sommer „blühe dort, wo du gepflanzt bist“ (ISBN 978-3-96362-019-5) entnommen:

Eines Tages kam Thomas Edison von der Schule nach Hause und gab seiner Mutter einen Brief. Er sagte ihr: „Mein Lehrer hat mir diesen Brief gegeben und sagte mir, ich solle ihn nur meiner Mutter zum Lesen geben.“ Die Mutter hatte die Augen voller Tränen, als sie dem Kind laut vorlas: „Ihr Sohn ist ein Genie. Diese Schule ist zu klein für ihn und hat keine Lehrer, die gut genug sind, ihn zu unterrichten. Bitte unterrichten sie ihn selbst.“

Viele Jahre nach dem Tod der Mutter, Edison war inzwischen einer der größten Erfinder des Jahrhunderts, durchsuchte er eines Tages alte Familiensachen. Plötzlich stieß er in einer Schreibtischschublade auf ein zusammengefaltetes Blatt Papier. Er nahm es und öffnete es. Auf dem Blatt stand geschrieben: „Ihr Sohn ist geistig behindert. Wir wollen ihn nicht mehr in unserer Schule haben.“ 

Edison weinte stundenlang und dann schrieb er in sein Tagebuch:

„Thomas Alva Edison war ein geistig behindertes Kind. Durch eine heldenhafte Mutter wurde er zum größten Genie des Jahrhunderts.“

Es war bekannt, dass Edison bereits seit seiner Kindheit Hörprobleme hatte und sein Leben lang schwerhörig war. Sehr wahrscheinlich, dass der Brief der Schule damit zusammenhing. Die Mutter von Edison erkannte jedoch trotz aller Hörbehinderung ihres Sohnes sein Talent. Sie hatte die Geistesgegenwart, den Inhalt des Briefes sofort in Worte der Ermutigung und des Segens für ihr Kind umzuwandeln. Schon der Apostel Paulus beschreibt in seinem Brief an die Philipper, was für unser Leben als Christen wichtig sein sollte: „Schließlich, meine lieben Brüder und Schwestern, orientiert euch an dem, was wahrhaftig, vorbildlich und gerecht, was redlich und liebenswert ist und einen guten Ruf hat. Beschäftigt euch mit den Dingen, die auch bei euren Mitmenschen als Tugend gelten und Lob verdienen.“ (Phil 4,8)

Es bleibt eine tägliche Herausforderung für uns, gerade in diesen Zeiten unsere Worte überlegt zu wählen! Seien wir uns bewusst, dass Gutes (Segen) aber auch Schlechtes (Fluch) in der Macht unserer Worte liegt (siehe Sprüche 18,21). Ein praktischer Lebensstil, der andere Menschen wertschätzend wahrnimmt und dies auch in Worten zum Ausdruck bringt, kann große Veränderungen bewirken – für diejenigen, die unsere Wertschätzung erhalten, aber auch für uns selbst. Noch einmal möchte ich Paulus zitieren. In seinem Brief an seinen Mitstreiter Timotheus spricht er genau über diese Kraft von Worten, die uns auferbauen: „Halte dich an das Vorbild der heilsamen Worte, die du von mir gehört hast, im Glauben und in der Liebe in Christus Jesus. Dieses kostbare Gut, das dir anvertraut ist, bewahre durch den Heiligen Geist, der in uns wohnt.“  (2 Tim 1,13-14)

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 213 vom 14.10.2020

Tägliche Gedanken von Pfgr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Erinnerungen an meinen Opa

Ein kleines Bübchen bin ich, drum wünsch ich kurz und innig, ein glücklich neues Jahr. Gesundheit Freud und Frieden, sei dir von Gott beschieden, wie jetzt so immerdar“. An dieses Gedicht denke ich jedes Mal, wenn meine Gedanken an meinem Opa Fritz zurückgehen. Er wohnte in Endsee, nur zwei Kilometer von meinem Heimatort Habelsee entfernt. Vor allem zu bestimmten festlichen Gelegenheiten fuhren wir hin. Dazu gehörte der Besuch am Neujahrstag. Das Gedicht von oben war jedes Jahr die Begrüßung. Dazu wurde die Hand gegeben, was ja in der „heißen“ Phase der Coronakrise nicht einmal bei engen Verwandten erlaubt war.

Mein Opa saß immer auf den gleichen Platz hinter dem Tisch auf der Eckbank. Er hatte eine Pfeife im Mund oder rauchte eine Zigarette der Marke Eckstein ohne Filter. In Erinnerung bleibt er für mich als ein gemütlicher älterer Herr, der immer freundlich und gutmütig war. Wenn er bei uns auf dem Bauernhof mitgeholfen hat, dann habe ich mich zu ihm in die Küche zum Abendessen gesetzt. Wir hatten Gespräche und freuten uns an Kartoffel, Wurst, Brot und Sauerkraut. Gerne hat er mich ermuntert, doch genügend von der Wurst zu essen. Mein Leibesumfang als Kind war deshalb ja auch nicht unerheblich. Nie habe ich ihn ärgerlich oder wütend erlebt. Er hatte anscheinend eine Altersmilde bekommen.

Denn Erzählungen von meinem Vater haben verraten, dass er auch anders sein konnte. Seine vier Kinder mussten diszipliniert aufstehen für die Schule oder zum Mithelfen auf dem Hof. Mein Opa Fritz war sehr gewissenhaft und der eigene Hof war sehr gut organisiert. Von meinem Vater kenne ich die Geschichte, dass eine Krise für ihn eine bestimmte Situation auf dem Feld war. Er kramte in seiner Tasche um sich eine Zigarette hervorzuholen. Aber dann kam es doch auch mal vor, dass er keine gefunden hat. Er hatte es in der Hektik der Arbeit schlicht und einfach vergessen, sich einen kleinen Vorrat anzulegen. Da wurde er richtig ärgerlich und mürrisch. Das hat mein Vater so oft erzählt, dass es offenbar richtig nachhaltig für ihn als Sohn war. Ich konnte mir diesen Ärger wegen Zigaretten bei meinem Opa nicht wirklich vorstellen.

In Erinnerung bleibt ein Landwirt aus einem kleinen Dorf, wie es für diese Zeit mitten im letzten Jahrhundert typisch war. Und so werde ich ihn in Erinnerung behalten. Gestern vor genau 42 Jahren ist er „alt und lebenssatt“ verstorben. Und wer davon noch mehr erfahren will, den verweise ich auf mein Update 120 vom 13.07.2020.

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 212 vom 13.10.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Nur für heute

Papst Johannes XXIII. hat mit seiner Ankündigung des zweiten Vatikanischen Konzils alle überrascht und nicht nur viele Kardinäle waren darüber erschrocken. Sie hatten ihm dieses einfach nicht zugetraut. Mit seinem ihm eigenen Humor und Schlitzohrigkeit gilt er bis heute als ein besonderer Führer der katholischen Kirche. Erst Papst Johannes Paul I. hätte diesen Ruf erreichen können. Aber leider ist dieses kirchliche Oberhaupt 1978 schon nach genau 33 Tagen wieder verstorben. Immerhin ging er als der „lächelnde Papst“ in die Kirchengeschichte ein. Ich kann mich daran noch genau erinnern, schließlich war ich da auch schon 20 Jahre alt. Hinter dem Humor von Papst Johannes XXIII. stand aber eine tiefgründige Lebenserfahrung. Nirgends kommt das so sehr zum Ausdruck wie bei seinen zehn ehernen Grundsätzen, die bei meinem heutigen Update im Mittelpunkt stehen sollen.

  1. Nur für heute werde ich mich bemühen, den Tag zu erleben, ohne das Problem meines Lebens auf einmal lösen zu wollen.
  2. Nur für heute werde ich die größte Sorge für mein Auftreten pflegen. Ich werde niemanden kritisieren, ja ich werde nicht danach streben, die anderen zu korrigieren oder zu verbessern. Nur mich selbst.
  3. Nur für heute werde ich in der Gewissheit glücklich sein, dass ich für das Glück geschaffen bin. Nicht für die anderen, sondern auch für diese Welt.
  4. Nur für heute werde ich mich an die Umstände anpassen, ohne zu verlangen, dass sich die Umstände an mich und meine Wünsche anpassen.
  5. Nur für heute werde ich zehn Minuten meiner Zeit einer guten Lektüre widmen. Wie die Nahrung für das Leben des Leibes notwendig ist, so ist die Lektüre notwendig für das Leben der Seele.
  6. Nur für heute werde ich eine gute Tat vollbringen. Und ich werde es niemanden erzählen.
  7. Nur für heute werde ich etwas tun, wozu ich kein Lust habe es zu tun. Sollte ich mich in meinen Gedanken beleidigt fühlen, werde ich dafür sorgen, dass niemand es merkt.
  8. Nur für heute will ich ein genaues Programm aufstellen. Vielleicht halte ich mich nicht daran, aber ich werde es aufsetzen. Und ich werde mich vor zwei Übeln hüten: Vor der Hetze und vor der Unentschlossenheit.
  9. Nur für heute werde ich fest glauben – selbst, wenn die Umstände das Gegenteil zeigen sollten, dass die gütige Vorhersehung Gottes sich um mich kümmert, als gäbe es sonst niemanden auf der Welt.
  10. Nur für heute werde ich keine Angst haben. Ganz besonders werde ich keine Angst haben, mich an allem zu freuen, was schön ist, und an die Güte zu glauben.

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 211 vom 12.10.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Papst kann jeder werden

Was wird nicht alles unternommen, wenn ein Verantwortlicher für eine Gruppe, für einen Verein o.ä. gesucht wird. Vielleicht ist der/die Vorgänger/in sehr lange an der Spitze gewesen und hat geprägt. Dann ab er tritt er nicht mehr an und es gilt einen Nachfolger zu finden.

So erging es der katholischen Kirche im Jahre meiner Geburt: 1958. Papst Pius XII. war nach einem Pontifikat von fast 20 Jahren gestorben. Wer sollte ihm nachfolgen? Die Kardinäle im Konklave hatten eine große Entscheidung vor sich. Sollten Sie einen eher älteren Herrn aussuchen? Sollten Sie schon einen jüngeren zum Papst wählen? In den Startlöchern war der Bischof von Mailand, Giovanni Battista Montini. Aber offenbar misstrauten ihm die Kardinäle, weil dieser noch nicht einmal Kardinal war. Er sollte noch ein wenig warten und wurde 1963 zum Papst Paul VI. gewählt. Was also tun? Die Konklave wählten im elften Wahlgang den Bischof von Venedig: Angelo Giuseppe Roncalli. Er war durchaus im Favoritenkreis, aber er war schon 77 Jahre alt. Kein Papst vor ihm war bei der Wahl so alt. Was sollte schon passieren? Die Meinung war: Er wird die Zeit irgendwie absitzen und auf seine alten Tage nicht viel Wirbel verursachen! Aber weit gefehlt! Er hat das zweite Vatikanische Konzil ausgerufen. Die Überraschung war gelungen. Das Leitwort war: „Aggiornamento“. Frei übersetzt bedeutet das „Anpassung an heutige Verhältnisse“. Als Papst Johannes XXIII. wollte er die katholische Kirche öffnen um ihr den Dienst in der Welt besser zu ermöglichen.

Das Konzil selbst fand von 1962 bis 1965 statt und brachte weitgehende Veränderungen. Unter anderem konnte danach der Gottesdienst in der Heimatsprache gefeiert werden. Er ist der Papst, der mit seinem hintergründigen Humor immer wieder einmal zitiert wird. „Papst kann jeder werden. Der beste Beweis dafür bin ich selbst“. Mit solchen Zitaten zeigte er, dass sich ein Mensch nicht zu wichtig nehmen sollte. „Ich bin kein bedeutender Papst wie mein Vorgänger, ich bin kein schöner Papst – seht nur meine Ohren an – aber ihr werdet es gut bei mir haben“. Glücklich kann der sein, der sich und dieses Amt so hintergründig kommentieren kann. Noch ein sehr schönes Zitat von ihm. Auf die Frage wie viele Menschen im Vatikan arbeiten, soll er gesagt haben. „Etwa die Hälfte“. Einmal hat er erzählt: „Mein Schutzengel sagt mir öfters: Johannes, nimm dich nicht so wichtig!“

Das vielleicht bekannteste Zitat von ihm gilt für alle, die sich in einer Kirche oder auch in einem Verein engagieren: „Tradition heißt: das Feuer hüten, nicht: die Asche aufbewahren“. Gestern vor genau 55 Jahren, am 11.10.1965 ist das zweite Vatikanische Konzil beendet worden.

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 210 vom 11.10.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Laudato si, o mi Signore

Etliche Tage habe ich jetzt seit dem 06.10. über Franz von Assisi geschrieben. Als Mann des Friedens waren ihm die Kreuzzüge ein Dorn im Auge. Er war knapp 30 Jahre alt, als der sog. Kinderkreuzzug im Jahr 1212 ausgerufen wurde. Sieben Jahre später erobern Kreuzfahrer die Stadt Damiette und richten ein fürchterliches Blutbad an. Franz fährt nach Palästina und predigt u.a. vor dem Sultan Melek-al-Kamil. Dieser soll sich für Frieden einsetzen. Bis heute ist nicht geklärt, warum der Kreuzzug weiterging. Es kann durchaus an den Verantwortlichen des Kreuzzuges gelegen haben, dass es keinen Frieden gab. Franz jedenfalls kommt völlig verstört zurück. Er zieht sich Jahre später 1222 aus dem Orden zurück und will in der Einsamkeit sein Leben vollenden. Es ist eine bizarre Situation: während der Orden immer größer wird mit Tausenden von Minderbrüdern und Niederlassungen in ganz Europa, sucht Franz die Einkehr und will von Organisation und äußeren Einflüssen fast nichts mehr wissen. In diese Zeit fällt 1224 auch seine Stigmatisierung der Wundmale von Jesus. Er war der Erste, der dies erfahren hat.

1225 zieht er sich  nach San Damiano zurück und dichtet dort den sog. „Sonnengesang“. Sein Gesundheitszustand verschlechtert sich. Er schreibt sein Testament. Ende September 1226 lässt er sich an den Ursprungsort „Portiuncula“ bringen, wo er am 3.10.1226 stirbt.  Sein Leichnam wird provisorisch in der Kirchen San Giorgio in Assisi beigesetzt. Damit alles in Ruhe geschieht, spricht der neue Papst Gregor XI. Franz schon zwei Jahre später heilig und die Grundsteinlegung der neuen Basilika in Assisi erfolgt. Der Papst war gleichzeitig sein früher Kardinal Hugolin, mit dem er immer wieder Auseinandersetzungen über seine „Genossenschaft“ hatte und der von ihm eine Ordensregel verlangte. Im Mai 1230 wird Franz in der neuen Basilika beigesetzt, aber gleichzeitig wird sein Testament vom Papst persönlich außer Kraft gesetzt. Franz hatte verfügt, dass der Orden keine Geldgaben annehmen darf. Er sollte für alle Zukunft ein „Armenorden“ bleiben. Aber durch einen Trick von Papst Gregor wurde erreicht, dass durch bestimmte Überweisungswege der Orden reich und bedeutend werden konnte. Was bleibt? Sein Sonnengesang! Er kann nicht mehr verändert werden. Und er zeigt, was Franz im Herzen ein Jahr vor seinem Tod verspürt hat.

Dort heißt es unter anderem: Höchster, allmächtiger, guter Herr, dein ist das Lob, die Herrlichkeit und Ehre und jeglicher Segen. Dir allein Höchster, gebühren sie und kein Mensch ist würdig, dich zu nennen. Gelobt seist du, mein Herr, mit allen deinen Geschöpfen, besonders dem Herrn Bruder Sonne, der uns den Tag schenkt und durch den du uns leuchtest. Und schön ist er und strahlen in großem Glanz: von dir, Höchster, ein Sinnbild…Gelobt seist du, mein Herr, für Schwester Wasser. Sehr nützlich ist sie und demütig und kostbar und keusch. Gelobt seist du, mein Herr, für Bruder Feuer, durch den du die Nacht erhellst. Und schön ist er und fröhlich und kraftvoll und stark. Gelobt seist du, mein Herr, für jene, die, die verzeihen um deiner Liebe willen und Krankheit ertragen und Not. Selig, die ausharren in Frieden, denn du, Höchster, wirst sie einst krönen…Lobt und preist meinen Herrn und dankt und dient ihm mit großer Demut“. Heute kennen viele diesen besonderen Lobpreis durch das Lied: „Laudato si, o mi signore“.

Allerdings muss ich immer mal darauf hinweisen, dass bei diesem Lied keine Omi besungen wird.

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 209 vom 10.10.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Der Wolf von Gubbio

Weil der 3.10. (evangelisch) und der 4.10. (katholisch) die Heiligengedenktage für Franz v. Assisi sind, habe ich schon die letzten vier Tage von ihm geschrieben. Ich bin von seinem Leben und von seinem Wirken beeindruckt. Dass er viel mit Tieren zu tun hatte, ist bekannt. Er predigte den Vögeln und einige Geschichten im Umgang mit Tieren sind humorvoll und zeigen sein Wesen.

Eines Tages kam Franz nach Gubbio. Dort waren die Bürger sehr erschreckt. Denn es trieb sich ein grimmig wilder Wolf umher. Franz suchte diesen um ihn zur Umkehr zu bewegen. Er fand ihn und dieser rannte mit offenen Rachen auf Franz zu. Plötzlich hielt er inne. Franz machte das Kreuzeszeichen über das Tier, rief es zu sich und sprach: „Komm zu mir, Bruder Wolf! Im Namen Christi befehle ich dir, weder mir noch sonst jemand ein Leid anzutun!“ Der Wolf schloss seinen Rachen, trottete mit gesenkten Kopf heran und legte sich wie ein Lamm zu den Füßen von Franz. Dieser predigte ihn an: „Viel Schaden richtest du an in dieser Gegend, Bruder Wolf! Gar schlimme Taten hast du verübt und Gottes Geschöpfe erbarmungslos umgebracht. Du wagst es sogar, Menschen zu töten, die doch nach Gottes Bild geschaffen sind. Sicherlich hast du verdient, als Räuber und Mörder mit einem schlimmen Tod bestraft zu werden. Ich aber will zwischen dir Bruder Wolf und den Menschen einen Frieden herbeiführen. Du wirst niemandem mehr ein Leid antun. Dafür wird man dir alle Missetaten erlassen, und weder Menschen noch Hunde sollen dich hinfort verfolgen“. Da wedelte der Wolf mit dem Schwanz und nickte mit seinem Kopf, auf diese Weise sein Einverständnis bekundend. Franz sagte zu ihm: „So will ich dir auch versprechen, dass du künftig keinen Hunger mehr leiden wirst. Deine tägliche Kost wirst du von den Menschen erhalten. Weiß ich doch, dass du alles Schlimme nur vom Hunger getrieben verübt hast. Nun gib mir ein Zeichen, dass du alles richtig begriffen hast und damit einverstanden bist“! Der Wolf hob gehorsam seine rechte Tatze und legte sie in die ausgestreckte Hand Franzens, ging dann artig mit Franz in die Stadt hinein, zum Marktplatz, wo alle Bewohner zusammenlieben. Als Franz den Menschen alles erklärt hatte und sie fragte, ob sie den Wolf ernähren und den Friedensvertrag so gewiss einhalten wollten wie auch der Wolf es versprochen hatte, reifen sie alle ihr Ja.

Zwei Jahre lebte der Wolf dann in der Stadt und ließ sich von Tür zu Tür seine Nahrung geben, ohne jemand eines Leides zu tun. Niemals bellte auch nur ein einziger Hund gegen ihn. Als der Wolf schließlich an Altersschwäche gestorben war, empfanden die Menschen darüber große Trauer. Denn seine friedliche Anwesenheit und sanfte Geduld hatte sie an die Tugend desjenigen gemahnt, der seine Wildheit gezähmt hatte.

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 208 vom 09.10.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Ich sterbe vor Hunger

Du sollst mir ein Haus bauen“ hatte Jesus zu Franz von Assisi gesagt. In den letzten drei Tagen habe ich davon geschrieben. Franz hat das nicht nur im übertragenen Sinn gemeint, sondern auch ganz real. Er hat Steine besorgt und drei verfallene Kapellen wieder aufgebaut.

Neben San Damiano gehörte dazu auch die Portiuncula. Das war eine kleine verfallene Kapelle etwa zwei Kilometer außerhalb von Assisi. Sie sollte das erste Haus der Franz-Genossen werden. Er selbst hatte dort in der Nähe auch einen Unterstand gebaut, eine primitive Hütte aus Ästen und Lehm, mit ein paar Steinen auf dem Dach und sicherlich ohne Fenster. Franz und Bernhard kochten dort vor allem Bohnensuppe zum Essen. Der Rauch ging durch die Tür ins Freie. Zwei weitere Männer stoßen zu ihnen. Peter und Egidio. Peter war wohl ein Diener von Bernhard. Egidio war ein Bauer. Dann kamen noch weitere acht dazu. Es waren sowohl Bauernsöhne als auch Herren vom Adel unter ihnen. Bald nach Mitternacht stand man auf, um zu beten. Tagsüber half man den Bauern bei der Feldarbeit oder man pflegte Aussätzige im nahegelegenen Leprosenheim. Am frühen Abend gab es eine gemeinsame Mahlzeit aus Brot, Rüben und Bohnen. Bald nach Sonnenuntergang ging man schlafen.

Einmal, mitten in der Nacht, wurde das allgemeine Schnarchen durch ein klägliches Stöhnen unterbrochen. Eine Stimme sagte: „Ich muss sterben“. Nach und nach wachten alle auf. Franz sagte, man solle ein Licht anzünden und fragte dann, wer so jämmerlich geklagt hätte. Als sich der Genosse meldete, erkundigte sich Franz nach der Ursache. „Ich sterbe vor Hunger!“ Franz ließ, um den Mann nicht zu blamieren, einen gemeinschaftlichen Imbiss auftragen und hielt danach eine kleine Rede. „Es kann doch vorkommen, dass der eine mit weniger Nahrung auskommt als der andere. Man muss eben die eigene Natur berücksichtigen. Wenn einer, der mehr Nahrung benötigt, sich einbildet, einem anderen nacheifern zu müssen, der weniger braucht, dann ist das ein Unsinn. Man soll dem Körper das geben, was er zum Leben braucht. Schwelgerei ist sicherlich schlecht, aber übertriebenes Fasten ist eine noch größere Dummheit. Soll doch in Zukunft ein jeder gefälligst so viel essen, wie er nötig hat“.

Hier sehe ich, dass Franz von Assisi auch in Stunden der Krise nie für eine hysterische Askese war, sondern immer den Menschen im Blick hatte. Heute ist über die Portiuncula eine riesengroße Kirche gebaut, die Santa Maria degli Angeli. Das geschah auf Geheiß ab 1569 auf Anordnung von Papat Pius V. Franz würde sich wohl im Grab herumdrehen, wenn er das sehen würde.

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 207 vom 08.10.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Die Bibel zeigt den Weg

In den beiden letzten Tagen habe ich erzählt, wie Franz von Assisi vom bürgerlichen Kaufmannssohn zum Nachfolger Jesu wurde. Er hatte die Fähigkeit, die Stimme Gottes zu hören und das war der Grund für seine Umkehr zu einem Leben mit Gott. Selbst aber musste er für dieses Leben viel Spott ertragen.

Das ist dem Bernhard von Quintavalle aufgefallen. Er war einer der vornehmsten und reichsten Bürger von Assisi. Er nahm sich vor, den Charakter von Franz zu überprüfen und lud ihn zum Abendessen ein. Es kommt zu einem Gespräch über Reichtum und Armut.  Bernhard unterrichtet Franz, dass er gewillt sei, seinen gesamten Reichtum zurückzugeben und deshalb seinen Rat suche. Franz macht einen Vorschlag, der auch heute immer noch bei Christen aktuell ist. Sie werden morgen früh in die Messe gehen und die Bibel aufschlagen. Dann wird Bernhard sehen, was Gott von ihm will. Sie gehen beide gemeinsam zur Ruhe. Franz stellt sich schlafend und auch Bernhard begann zum Schein laut zu schnarchen. Als Franz sich sicher fühlte, stand er auf, um zu beten. Er hob seine Augen und Hände zum Himmel und wiederholte, unter Tränen, ohne Pause bis zum Morgengrauen: „Iddio mio“ („Mein Gott“). Im Schlafzimmer brannte eine Lampe.

Am nächsten Morgen gehen beide in die Kirche und baten den Priester, ihnen die Messe zu lesen und anschließend das heilige Buch zu befragen. Der Priester nahm nach der Messe das Evangelium, machte das Zeichen des Kreuzes darüber und schlug es dreimal auf. Die gefundenen Stellen waren: „Wenn du vollkommen sein willst, dann gehe hin, verkaufe alles, was du hast und gib es den Armen!“. Die zweite Stelle lautete: „Nehmet nichts mit auf den Weg, weder Stab noch Tasche, noch Brot, noch Geld!“. Die dritte Stelle war: „Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach!“. Da sagte Franz zu Bernhard. „Da hast du den Rat, den Christus uns gibt“.

Und so wurde Bernhard der erste Genosse des Franz. Und die drei Bibelstellen stehen am Anfang der „Regel“ der Minderbrüder. Denn Franz wollte keine Klosterbruderschaft im eigentlichen Sinn. Er nannte seine Gemeinschaft die „Minderbrüder“. Damit wollte er zeigen, dass sie nur Christus nachfolgen wollen und keinerlei Besitz haben sollen.

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 206 vom 07.10.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Der Narr um Christi willen

Gestern habe ich davon geschrieben, wie Franz v. Assisi durch die Stimme Gottes in eine andere Lebensrichtung gekommen ist. Er hat die Stimme von Jesus gehört wie gut 1000 Jahre vorher die Jünger. Es ist schön zu sehen, wie Jesus immer und immer wieder Anstöße im Leben von Franz gegeben hat, damit dieser in der Nachfolge von Jesus gekommen ist.

Eines Tages kommt Franz an der Kirche San Damiano vorüber. Er fühlte das Bedürfnis einzutreten und zu beten. Als er nun vor dem Bild des Gekreuzigten stand, kam vom Kreuz her eine milde, gütige Stimme: „Franz, siehst du denn nicht, wie mein Haus verfällt? Geh und stelle es wiederum her!“ Vor Erregung zitternd antwortete Franz: „Gern will ich es tun, lieber Herr!“ Er verließ die Kirche, trat auf den Priester zu, der sich in der Nähe aufhielt, und gab ihm Geld, damit vor dem Kreuzbild die Lampe angezündet werde. Dann nahm Franz, voll Freude über den Auftrag Christi, einen Ballen bunten Tuches aus dem Geschäft des Vaters, ließ ein Pferd satteln und ritt zum Markt in Foligno. Er verkaufte den Stoff und auch das Pferd und kehrte unverzüglich nach San Damiano zurück. Er küsste dem Priester die Hand und wollte ihm das Geld geben zum Zweck der Renovierung der Kirche. Der Priester wollte aber das Geld nicht nehmen, weil er einen üblen Scherz witterte, und auch aus Furcht vor den Eltern des Franz. Franz warf den Beutel mit den Münzen auf das Fenstersims und bat den Priester inständig, bei ihm bleiben zu dürfen. Dies wurde ihm gewährt.

Diese Geschichte zeigt den Ablösungsprozess vom Elternhaus. Das geschah wohl im Spätherbst 1206. Einen Monat lang blieb Franz unauffindbar. San Damiano liegt etwa einen Kilometer außerhalb von Assisi. Dann verließ er sein Versteck und ging nach Assisi hinauf. Kinder rannten hinter ihm her und riefen “Pazzo! Pazzo!“ Das Wort kann gut mit „Einfaltspinsel“ übersetzt werden. Franz ist also zum „Narren“ geworden. Er geht in Richtung seines Elternhauses in die Stadt. Vermutlich hat er dort von seinem Vater wütende Vorwürfe und Hausarrest erhalten. Als der Vater auf einer Geschäftsreise war, lässt ihn die Mutter frei. Ein Biograph schreibt: „Als sie erkannte, dass sie ihn nicht von seinem Entschluss abbringen konnte, fühlte ihr mütterliches Herz Erbarmen mit ihm. Sie löste ihm die Fesseln und ließ ihn frei“. Der Vater kommt nach Hause und läuft tobend und schreiende nach San Damiano hinunter. Weil der Sohn aber nicht mitkommt, verklagt der Vater ihm im Magistrat. Franz kommt zum festgesetzten Gerichtstermin. Er wird aufgefordert, das Geld zurückzugeben, mit dem er Armen geholfen hat. Franz antwortet: „Herr, nicht nur das Geld, das ihm gehört, will ich ihm wiedergeben, sondern auch die Kleider“. Er geht in eine Kammer des bischöflichen Hauses, entledigt sich seiner Kleider, kehrt nackt zurück und wirft die Kleider und das Geld dem Vater vor die Füße. Er spricht dazu: „Hört ihr alle, und versteht es wohl. Bis jetzt habe ich den Pietro Bernardone meinen Vater genannt. Jetzt gebe ich ihm das Geld zurück, um das er sich aufgeregt hat, nebst Kleidung, die ich von ihm habe. Und von nun an will ich sagen: „Vater unser im Himmel, und nicht mehr: Vater Pietro Bernardone“. Der Vater nahm wütend Geld und Kleidung an sich, während der Bischof dem Franz seinen Mantel umhing.

Wir sind Narren um Christi willen, ihr aber seid klug in Christus; wir schwach, ihr aber stark; ihr herrlich, wir aber verachtet“ (1. Korinther 4, 10).