Archiv des Autors: Pfr. Gerhard Metzger

Wenn Corona will, steht (für Genesene und Geimpfte) noch weniger still, Update 418 vom 07.05.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Ich möchte Pro,-Pro,-Pro,- werden!

Die Jahre 1520, 1521 und 1525 waren entscheidend für die Reformationsgeschichte und ihrem Verlauf. Viele Ereignisse haben sich deshalb auch in meinen Updates wiedergespiegelt. Sie gehen jetzt zu Ende. Nach den vielen Ereignissen in, mit und um Luther möchte ich mit einer humorvollen Geschichte diesen Teil beenden. Immerhin gibt es seit vielen Jahren in vielen Bereichen eine gute ökumenische Zusammenarbeit der Konfessionen. Ich hoffe, Sie empfinden die Geschichte auch als lustig. Vielleicht sieht das der ein oder andere ganz anders. Aber das ist jetzt mein Risiko. Ich möchte allerdings, dass Sie mitten in der Coronapandemie auch Lachen können über menschliche Unabwägbarkeiten.

Die Geschichte spielt in Niederbayern und damit in einem tief katholischen Gebiet. In einer Handarbeitsstunde fragt die Klassenlehrerin ihre zehnjährigen Mädchen, was sie denn später für einen Beruf erlernen und ergreifen wollten. „Stewardess!“, sagt die eine. „Sekretärin!“, die zweite. „Arzthelferin!“ eine weitere. Schließlich sagt eines der Mädchen: „Ich möchte Prostituierte werden!“ „Was möchtest du werden?“ fragt die Lehrerin erbost und erbleicht dabei. Laut und fest wiederholt das Mädchen: „Prostituierte! Das möchte ich werden“. Die Lehrerin ist völlig fertig und beendet abrupt den Unterricht, schickt die Mädchen in die Pause und stürzt zum Schulleiter. „Herr Direktor“, stammelt und stottert sie. „Es ist etwas Schreckliches passiert! In meiner Klasse, im Handarbeitsunterricht, ist ein Mädchen, das ha, ha, ha, hat gegegesagt, a, a, als ich sie, sie sie nachihrem Berufswunsch gefragt ha, ha, ha, habe, dass sie Pro… Pro… Pro…“. Sie schafft es nicht den Satz zu Ende zu bringen. Dem Direktor wird es ganz anders. Er setzt sich, blickt die Handarbeitslehrerin gefasst an. „Sprechen Sie es ruhig aus. Ich bin auf alles gefasst. Wir lassen uns nicht unterkriegen“. Er lässt sich im Sessel nach hinten fallen und wirkt sehr angespannt. „Da, da, da ist in meiner Klasse ein Mädchen, die, die, die möchte Pro…Pro.. Pro..… (sie bringt es nicht heraus und muss deshalb allen Mut zusammenfassen), die die, die möchte Prostituierte werden“. „Ja, Gott sei Dank“, sagt der Direktor. „Warum sagen sie das nicht gleich! Ich habe schon befürchtet, das Mädchen wollte Protestantin werden“.

Wenn Corona will, steht (endlich ein bisschen) weniger still, Update 417 vom 06.05.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Über Luther wird die Reichsacht ausgesprochen

Heute ist der 06.05.2021. Heute vor genau 500 Jahren, am 06.05.1521 wird die endgültige Fassung des Edikts von Worms der Versammlung vorgelesen. Es herrscht atemlose Stille, als die einzelnen Anschuldigungen gegen Luther hart wie Hammerschläge auf die Versammlung niedergehen.

Im Edikt heißt es wörtlich: „Er hat die Ehe befleckt, die Beichte verunglimpft, das Fleisch und Blut unseres Herrn verleugnet. Er macht die Kraft der Sakramente vom Glauben des Empfangenden abhängig. Er ist heidnisch in seinem Ableugnen des freien Willens. Dieser Teufel im Gewand eines Mönches hat alle Irrtümer in einer stinkenden Pfütze vereinigt und neue eigene erdacht…Er führt das Leben eines Viehs. Er hat die Dekretalien verbrannt. Er verachtet in gleicher Weise den Bann und das Schwert. Er fügt der staatlichen Gewalt noch mehr Schaden zu als der kirchlichen…Luther ist als ein verurteilter Häretiker zu betrachten. Wenn die Frist (die vom 15. April 21 Tage umfaßt) abgelaufen ist, darf niemand ihn beherbergen. Seine Anhänger sind gleichfalls zu verurteilen. Seine Bücher sind auszurotten aus dem Gedächtnis der Menschen“.

Der kaiserliche Notar und Sekretär Dr. Spiegel hebt die Hand vor der Menge und verkündigt das Edikt. Die Spanier und Italiener jubeln und beginnen in die Hände zu klatschen. Die Anhänger Luthers schimpfen und fluchen und ballen die Fäuste gegen die Fürsten. Dann ertönt ihr Geschrei: „Verflucht, dreimal, nein tausendmal verflucht! Es lebe Luther, es leben die Evangelien! Nieder mit Aleander, nieder mit allen Papisten! Vivat Martinus, wir rächen dich! Vivat Luther! Rache für Martinus!“ In der Stadt brodelt es. Es herrscht Aufruhr. Luther ist zu dieser Zeit schon in seiner sicheren Wartburg. Er nennt sie später „Von meinem Patmos“ und spielt damit auf den Verfasser der Offenbarung des Johannes an. „Ich, Johannes, euer Bruder und Mitregent an der Bedrängnis und am Reich und an der Geduld in Jesus, war auf der Insel, die Patmos heißt, um des Wortes Gottes und des Zeugnisses Jesu willen“ (Offenbarund 1, 9).

Fast ein Jahr war er als Junker Jörg dort gefangen. Dann kehrte er am 01.03.1522 nach Wittenberg zurück um den Bildersturm der Evangelischen in den Kirchen zu beenden. Sein wichtigstes Werk auf der Wartburg war sicherlich die Übersetzung des Neuen Testamentes in die sächsische Kanzleisprache. Damit ist er der Begründer der deutschen Hochsprache. Die Übersetzung selbst wurde im September 1522 herausgegeben und wird deshalb die „Septemberbibel“ genannt.

Wenn Corona will, steht (endlich ein bisschen) weniger still, Update 416 vom 05.05.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Die Herren dieser Welt gehen

Ein Mensch ohne Glauben ist wie ein Schiff ohne Kompass“. Von wem stammt dieses Zitat? Wie hört es sich an? Ist es von Luther oder von einem anderen bedeutenden Christen? Ich setze ein weiteres Zitat hinterher: „Ich bin nicht liebenswürdig, bin es nie gewesen, aber ich bin gerecht. Freundschaft ist nur ein Name; ich liebe keinen Menschen“. Klingt schon etwas weltlicher. Immerhin ist das Thema „Gerechtigkeit“ in den letzten Jahren ganz oben auf den Themenlisten von Politik und Gesellschaft.

Beide Zitate stammen von Napoleon Bonaparte. Heute vor genau 200 Jahren, am 05.05.1821 ist er auf der Insel St. Helena gestorben. Bis heute ist sein Ende nicht ganz geklärt. Nach der verlorenen Schlacht bei Waterloo wurde er weit weg verbannt. Er sollte nicht noch einmal die Gelegenheit haben, in der Gefangenschaft neue Kräfte aufzubauen um doch wieder an die Macht zu kommen. Die Alliierten haben eingesehen, dass die erste Verbannung auf der Insel Elba zu nahe war. Auf der britischen Insel mitten im Atlantik schrieb er seine Memoiren und wartete auf den Tod. Ich habe noch in der Schule gelernt, dass er vergiftet wurde. Mittlerweile ist die Fachliteratur der Meinung, dass Napoleon an Magenkrebs litt und durch eine starke Magenblutung starb. Schließlich hat er durch die ständige Kriege nicht gerade gesund gelebt. Über sein Leben kann jeder selbst gut nachlesen.

Was mich aber besonders bewegt ist, dass er durch geschicktes Handeln und vielen guten politischen und kriegerischen Schachzügen immer mehr Macht erlangt hat. Dieses Handeln beobachte ich bis zum heutigen Tag. Anders ist das offenbar nicht möglich, um politisch Stärke zu beweisen. Aber auch Napoleon musste schmerzhaft lernen, dass irgendwann jeder Despot gestürzt wird bzw. abtreten muss. Bei ihm ging es vor allem mit dem verlustreichen Kriegsfeldzug in Russland und mit der verlorenen Völkerschlacht bei Leipzig abwärts. Genau 100 Jahre später hat der dt. Kaiser Wilhelm II. dort ein riesiges Monument bauen lassen. Es sollte offenbar weniger auf die siegreiche Kraft der Preußen 1813 hinweisen als vielmehr auf die eigene vermeintliche Stärke. Und damit ist der letzte deutsche Kaiser selbst in die Falle getappt und hat im Zuge des ersten Weltkrieges sein Land und viele Menschen in den Abgrund gestürzt.

Immerhin hat Napoleon großes Selbstbewusstsein bewiesen. Einmal soll er gesagt haben: „Sie mögen mich nennen wie es ihnen beliebt, aber sie können mich nicht hindern, ich selbst zu sein“. Der heutige Todestag dieses französischen Kaisers zeigt jedenfalls, dass jede Macht auf dieser Erde beschränkt ist. Der frühere Bundespräsident (von 1969 – 1974) Gustav Heinemann hat das so ausgedrückt: „Die Herren dieser Welt gehen, unser Herr kommt“.

Wenn Corona will, steht (endlich ein bisschen) weniger still, Update 415 vom 04.05.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Luther wird überfallen

Heute ist der 04.05.2021. Heute vor genau 500 Jahren, am 04.05.1521 sitzt Martin Luther mit zwei weiteren Freunden in einer Kutsche auf der Fahrt durch den Thüringer Wald. Die Umstände habe ich gestern schon beschrieben. Sie wollen eine Steigung überwinden. Plötzlich sprengen fünf Reiter aus dem Unterholz und bringen den Wagen zum Stehen. Einer legt die gespannte Armbrust auf den Wagenlenker an und fragt ihn ob sich ein Doktor Martin Luther unter seinen Fahrgästen befindet. Dieser bejaht zitternd, was zwei der Reiter veranlasst, abzuspringen und Luther mit Gewalt aus dem Wagen zu zerren. Der Freund von Luther, Nikolaus von Amsdorf protestiert schreiend und stößt wilde Drohungen aus. Die Reiter scheren sich nicht um ihn, zerren Luther mit Riemen in das Unterholz und setzen ihn dort auf ein Pferd. Der dritte Mitreisende ist auf der anderen Seite aus dem Wagen gesprungen und rennt davon. Dem Wagenlenker entfährt ein Stoßseufzer der Erleichterung, als die finsteren Gesellen unerkannt im Wald verschwinden.

Der Weg der Reiter mit Luther geht Kreuz und quer durch den Thüringer Wald. Es ist schon dämmrig als sie eine Burg erreichen. Ein Mann kommt entgegen und sagt: „Ihr seid Doktor Martin Luther. Ich darf Euch willkommen heißen“. Luther fragt zurück: „Wo bin ich? „Auf der Wartburg bei Eisenach. Ihr befindet euch in ritterlicher Haft. Ich bin der Berghauptmann und man nennt mich Hans von Berlepsch und bin für Eure Sicherheit verantwortlich. Es ist zu Eurem Schutz und Eurer Sicherheit so angeordnet. Und ich hafte dafür, dass niemand eindringt und Ihr keinen Versuch macht, zu fliehen. Jetzt darf ich Euch bitten, mir zu folgen, damit ich Euch in Eure ritterliche Wohnung einweisen kann“.

Hat Luther vom „Überfall“ gewusst? Vermutlich ja. Aber es blieb ein Geheimnis – bis heute! Sein Landesherr Friedrich der Weiße hatte es angeordnet um Luther zu schützen. Von nun an war er der Junker Jörg und es hat Monate gedauert, bis dieses Versteck herauskam. Albrecht Dürer schreibt zu dieser Nachricht in sein Tagebuch: „Und so wir diesen Mann verlieren, der doch klarer geschrieben hat als keiner seit 140 Jahren, dem Du einen solchen evangelischen Geist gegeben, bitten wir Dich, o himmlischer Vater, daß Du deinen heiligen Geist wiederum gibst einem anderen…“. Nur der päpstliche Nuntius Aleander verstand die Diplomatensprache und fiel nicht auf den angeblichen Tod von Luther herein. Am 11.05.1521 schreibt er: „Ich glaube, daß Luther in Wittenberg oder wenigstens mit Wissen des Kurfürsten auf der Burg eines seiner adligen Anhänger bleiben wird“. Der Kurfürst Friedrich der Weiße aber ist „bereit, es zu beschwören“, daß er nicht weiß, wo sich Luther aufhält.

„Durchbohrt mit einem Stoßdegen ist Luther tot in einer Silbermine aufgefunden worden“. So lautet die Kunde. Überall gibt es Aufstände und Plakate gegen die „Papisten“. Und so gelingt der Plan, Luther vor der Reichsacht zu retten. Eine Notlüge hilft dabei.

Wenn Corona will, steht (endlich ein bisschen) weniger still, Update 414 vom 03.05.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Luther auf dem Rückweg vom Reichstag zu Worms

Heute ist der 03.05.2021. Heute vor genau 500 Jahren, am 03.05.1521 kommt Martin Luther auf der Rückfahrt vom Reichstag zu Worms mit seinen Freunden nach Eisenach. Er geht zur Kirche, sucht den Pfarrer auf und eröffnet ihn, dass er zu predigen gedenke. Seine Ankunft hat sich herumgesprochen und die Kirche ist bald zum Brechen voll. Luther besteigt die Kanzel. Er scheint ordentlich vom Leder zu ziehen, denn er macht sich später immer wieder selbst den Vorwurf, er habe es den Papisten auf dem Reichstag zu Worms nicht deutlich genug gegeben. Zitat: „Wenn ich es noch einmal zu tun hätte, sie könnten ihre Köpfe aneinanderrennen!“

Luther und seine Mitfahrer essen mit dem Eisenacher Pfarrer in einer Herberge und setzen danach die Reise fort. Sie sind nur noch zu dritt im Wagen. Sie unterhalten sich lebhaft über die Ehrungen, denen Luther überall auf der Heimfahrt ausgesetzt war. Selbst der Abt der Reichsabtei Hersfeld war ihm mit dem Stadtrat entgegen gezogen. Das empfinden alle als einen unerhörten Triumph. Es ist ein Freitag und sie sind in ausgezeichneter Stimmung. Am kommenden Tag wollen sie nach Möhra fahren und die Verwandten von Luther besuchen. Über Schloss Altenstein planen sie eine Weiterfahrt durch den Thüringer Wald. Und dann ändert sich der Reiseplan auf eine Art und Weise, die bis heute noch nicht ganz geklärt ist. Aber davon dann morgen mehr.

Wenn Corona will, steht (endlich ein bisschen) weniger still, Update 413 vom 02.05.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Der Rote Socken-Blues

Das war schon etwas Besonderes für mich und wohl auch für die Gemeinde. Um das Jahr 2010 hatten wir für drei Jahre einen Kinderchor. Zusammen mit unserem Jugendreferenten, Viktor Ambrusits, haben wir verschiedene Lieder eingeübt. Im Jahr 2009 war ein Wettbewerb für Kinderlieder ausgeschrieben. Viktor hat sein Lied mit unserem Kinderchor eingereicht und wir kamen in die Endauswahl und sind auch auf einer CD „verewigt“. Viktor hat jetzt dazu einen Clip gedreht. Ganz ehrlich: Ich finde ihn sehr gut. Und ein bisschen Wehmut habe ich auch. Aber alles hat eben seine Zeit. Einfach auf den link klicken, mal reinhören und auch mal Lachen und Schmunzeln. Heute gibt es dieses update, weil wir vermutlich heute unseren jährlichen Tauferinnerungsgottesdienst gehabt hätten. Aber vielleicht findet er dann 2022 statt.

Wenn Corona will, steht (endlich ein bisschen) weniger still, Update 412 vom 01.05.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Bakterien kommunizieren miteinander

Vielleicht hat der eine oder andere von den Leser/-innen mein Update Nr. 90 vom 13.06.2020 gelesen. Ich habe ein paar Zeilen über Martin Buber geschrieben. Anlass war sein Todestag am 13.06.1965. Martin Buber hat die Schrift „Ich und Du“ geschrieben. Er beschreibt darin, dass der Mensch seine Identität vor allem in der Beziehung zum menschlichen Gegenüber bildet.

Heute ist dieser Gedanke, dass der Mensch auf Beziehung und Kommunikation angelegt ist, die wichtigste Erkenntnis. Von Anfang an in dieser Coronakrise wurde das zum Problem vor allem bei Alleinstehenden und bei Menschen in den Alten- und Pflegeheimen. Erstaunt war ich, als diese Erkenntnis auf einer ganz anderen Weise mir in die Hände fiel. In der HZ (Regionalausgabe der Nürnberger Nachrichten) vom 28.01.2021 lese ich eine Überschrift auf der S. 23, die mich zum Nachdenken brachte. „Bakterien sprechen sich ab“. Zwei amerikanische Mikrobiologen haben den wichtigen mit 120 000 dotierten Paul Ehrlich-Preis erhalten. Sie haben herausgefunden, dass Bakterien miteinander kommunizieren. Genau diese Tatsache ist die „Achillesferse“ für diese Lebewesen. Denn damit haben Menschen einen Ansatz, die Bakterien ohne Antibiotika zu töten. Dazu müssen nur Substanzen entwickelt werden, die dieses Miteinander reden der Bakterien unterbrechen. Die Mikroorganismen wollen mit Signalen wissen, ob sie allein oder mit vielen Artgenossen vor Ort sind. Dazu haben sie Sprachmoleküle entwickelt. Ein interessantes Ergebnis ist auch, dass die Bakterien offenbar „mehrere Sprachen“ sprechen können. Die Bakterien machen es vor, was auch für Menschen gilt: Am miteinander reden, an der Kommunikation entscheidet sich die Beziehung untereinander. Ist diese nachhaltig gestört, bricht die feste Bindung auseinander.

Und das hat wohl schon jeder in seinem Leben irgendwann und irgendwo festgestellt. Und ehrlich gesagt: Manchmal habe ich auch ein wenig Schwierigkeiten, die vielen wissenschaftlichen Meinungen in und zu dieser Coronapandemie zu verstehen. Und daran scheitert bei vielen Menschen vermutlich auch die Akzeptanz bei den vielen Maßnahmen seit gut einem Jahr.

Wenn Corona will, steht (endlich ein bisschen) weniger still, Update 411 vom 30.04.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Optimismus – Pessimismus – Realismus

Die Lebenseinstellungen „Optimismus – Pessimismus – Realismus“ spielen zur Zeit eine sehr große Rolle. Prognosen über den Verlauf der Coronapandemie wurden von Anfang an gestellt. Wie oft habe ich bei Absage von Veranstaltungen gehört: „Dann halt im nächsten Jahr“. Aber so einfach war und ist es nicht. Auch für 2021 wurden schon viele „Events“ verschoben oder abgesagt. Selbst große und offenbar finanziell wichtige Turniere wie z.B. die Olympischen Spiele in Tokio oder die Fußball-EM stehen auf der Kippe. Jetzt berichten die Nachrichten, dass in Tokio jeder Teilnehmer täglich getestet werden soll. Und seit gestern gibt es vorsichtigen Optimismus dafür, dass die Lage sich in etwa drei Wochen ändern soll. Die Inzidenzzahlen steigen nicht mehr, sondern bilden eher so ein Art „Hochplateu“ mit leichter Tendenz, dass sie abnehmen.

Das alles erinnert mich an eine Erzählung meines Vaters aus seiner Kindheit. Er erinnert sich auch mit seinen 88 Jahren noch an seinen Konfirmator, Pfr. Deininger. Er hatte schon die Gabe, geistliche Zusammenhänge mit eindrucksvollen Beispielen zu erklären. Damals vor und während des Krieges war dieser Predigtstil nicht angesehen. Heute wäre das anders. Einmal hat er den Zuhörern erklärt, was unter den oben genannten Begriffen zu verstehen ist. Er meinte: „Optimismus ist, wenn einer sagt, der Emmentaler Käse besteht nur aus Käse. Pessimismus ist, wenn einer sagt, der Emmentaler Käse bestehe nur aus Löchern. Realismus ist, wenn einer sagt, der Emmentaler Käse besteht aus Käse und Löcher“.

Man kann ganz unterschiedlicher Meinung über dieses Predigtbeispiel sein. Ich finde es gut. Es ist sehr anschaulich. Und ganz ehrlich: Ich würde mir wünschen, wenn Politiker und Wissenschaftler gerade beim Coronavirus öfters mal anschaulicher sprechen würden. Dann würde ich mehr verstehen  und so manche Verordnung besser verstehen können.

Wenn Corona will, steht (endlich ein bisschen) weniger still, Update 410 vom 29.04.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Wo ist Schweigen angebracht?

Im Christentum sagt der liebe Gott gleichsam zu den Menschen: Spielt nicht Tragödie, das heißt Himmel und Hölle auf Erden. Himmel und Hölle habe ich mir vorbehalten“. Dieses Zitat könnte von einem großen Glaubenslehrer sein. Von „Himmel“ und „Hölle“ ist die Rede und davon, dass dies Gott vorbehalten ist.

Es stammt von dem großen Philosophen Ludwig Wittgenstein, der heute vor genau 70 Jahren, am 29.04.1951 in Cambridge gestorben ist. Ehrlich gesagt: Ich habe diesen Mann vor meinem Theologiestudium auch nicht gekannt. Um seine Philosophie wirklich zu verstehen, muss man ihn ganz genau studieren. Aber im Laufe des Studiums ist mir ein anderes Zitat von ihm tief ins Herz gegangen, an das ich in dieser Coronapandemie oft gedacht habe: „Was sich überhaupt sagen läßt, läßt sich klar sagen; und wovon man nicht reden kann, darüber muss man schweigen“.

Ich denke an viele Diskussionen, Meinungen, Klarstellungen und Zielvorgaben aus dem Bereich der Politik und der Wissenschaft zum Coronavirus. Oft genug hatte ich das Gefühl: Zuhören und abwarten wäre keine schlechte Tugend. Aber schließlich stehen wir jetzt im Frühjahr 2021 vor der Bundestagswahl und der Wahlkampf hat begonnen. Aber öfters mal „Schweigen“, weil ich dazu nicht reden kann, wäre dennoch eine gute Tugend und wäre ein Zeichen von Größe. Aber vermutlich ist dieser Wunsch der Vater meiner Gedankens. Noch ein weiteres Zitat dieses großen Philosophen: „An einen Gott glauben heißt sehen, dass es mit den Tatsachen der Welt noch nicht abgetan ist. An einen Gott glauben heißt sehen, dass das Leben einen Sinn hat“.

Wenn Corona will, steht (endlich ein bisschen) weniger still, Update 409 vom 28.04.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Sich die Hände geben – eine Geste geht verloren

Vor mir liegt die Hersbrucker Zeitung vom 24.05.2020 . Ich schaue das sog. „Magazin am Wochenende“ an. Vorne sind interessante Berichte geschrieben. Bei dieser Ausgabe geht es wieder einmal um das Leben in der Coronakrise. Die Überschrift bringt mich zum Nachdenken. „Vom Ende eines Rituals“ lese ich. Dann heißt es weiter: „Der Handschlag ist mehr als eine Begrüßungsformel. Er kann Wichtiges besiegeln, Trost spenden, Vertrauen geben. Und man kann aus dieser Berührung auch mit geschlossenen Augen viel herauslesen. Die Hände verraten etwas über uns und den anderen. Doch jetzt dürfen wir sie einander nicht mehr reichen“.  

Soweit die Zeilen. Als Kind hat mich mein Vater am Samstagmorgen oft zum „Ferkelmarkt“ nach Rothenburg mitgenommen. Wenn sich Bauer und Schweinehändler einig waren, dann haben sie sich in die Hände geschlagen. „Abgemacht, so ist es“ hat das bedeutet. Theologisch gesagt haben beide ein „Amen“ gesprochen. Der Handschlag galt wie eine schriftliche Abmachung.  Begrüßung mit Handschlag gehörte für mich einfach dazu. Es ist eine Geste der Aufmerksamkeit und der Zuwendung. Menschen wenden sich einander zu und schauen sich (hoffentlich) dann dabei an.

Vor einigen Jahren gab es im bayr. Landtag einen Abgeordneten, der u. a. auch Staatssekretär und Minister war. Er hieß Georg Schmidt. Und weil er so oft und so kräftig jedem die Hände gereicht hat, gab es für ihn den Spitznamen „Schüttelschorsch“. Ich habe ihn in meiner Dienstzeit in Alerheim im Dekanat Donauwörth selbst kennengelernt.

Ich habe bei allen meinen drei Pfarrstellen darauf geachtet, dass es diese Geste auch bei der Feier des Hl. Abendmahles gibt. Es sind innerhalb der Liturgie zwei Stellen, bei denen das zum Ausdruck gebracht werden kann. Einmal direkt nach dem liturgischen Friedensgruß. Die Leute wenden sich einander zu, geben sich die Hände und sagen: „Friede sei mit dir“. Nach der Austeilung geben sich die Menschen die Hand und ich spreche ein biblisches Wort. Mir ist aufgefallen, dass sich die einzelnen Kommunikanten vor dem Loslassen der Hände noch einen Händedruck weitergeben.

Die andere Seite ist die, dass dadurch offenbar Bakterien und Viren weitergegeben werden können. In manchen Arztpraxen hängt ein Schild mit den Worten: „Wir geben ihnen nicht die Hände, aber ein Lächeln“. In der letzten Woche hat mir ein Gemeindemitglied erzählt, wie er in solch einer Praxis war. Beim Hinausgehen sagte er zu der Helferin: „Mir fehlt noch etwas“. „Was denn, wir haben alle Arbeiten getan. Sie können wieder gehen?“ „Mir fehlt noch das versprochene Lächeln“ war die Antwort des Patienten.

Sich die Hände geben“. Es ist im Leben ein Paradox und in der Bibel auch. Wer kennt nicht das bekannte Zitat: „Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir“ aus Ps 91, 11. Wenn Jesus geheilt hat, dann hat er oft die Hände auf jemanden gelegt. Beim Segnen ist das der Ritus für den Segnenden. In Zeiten von Corona kann ich nur mit Maske segnen. Ich hätte da gerne lange Hände von mindestens 1,5 m Sicherheitsabstand. Auf der anderen Seite sind Hände auch ein Symbol für die Macht Gottes. Auch strafend kann sich die Hand Gottes der Bibel nach auf die Menschen herabsenken. Und bei Hiob kommt beides zusammen: „Denn er verletzt und verbindet, er zerschlägt, und seine Hand heilt“ (Hiob 5, 18). Und so bin ich gespannt, ob und wann es wieder möglich sein wird, die segnenden, heilenden, tröstenden Hände als Pfarrer wieder zu gebrauchen ohne Angst vor Übertragung einer schlimmen Krankheit.