Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit
So ändern sich die Zeiten
Vor mir liegt die Hersbrucker Zeitung (Regionalausgabe der Nürnberger Nachrichten) vom 16.02.2021. In der Sparte „Kultur“ lese ich die Überschrift. „Ja, sie war ein Luder“. Dann gibt es einen fast ganzseitigen Artikel zu einer der wohl berühmtesten Frauen der Zeitgeschichte, Lola Montez. Genau vor 200 Jahren, am 17.02.1821 ist sie als Tochter eines britischen Offiziers geboren. Sie wurde nur 39 Jahre alt, aber sie hat die Welt vor ungefähr 160 Jahren bewegt wie kaum eine andere Frau.
Wegen ihr musste der bayrische König Ludwig I. vom Thron abdanken. Nur kurz hatte sie eine Mätressenaffäre mit dem bayrischen König, der selbst mit Theresa verheiratet war und neun Kinder hatte. Er war 35 Jahre älter als sie und ließ sich auf diese Liason ein. Das ist überall nachzulesen und auf den Bildern ist sie als eine schöne Frau dargestellt, die auch von anderen Männern bewundert wurde. Die genaue Geschichte kann jeder mindestens im Internet nachlesen.
Warum ich sie hier erwähne? Der Grund liegt darin, dass diese kurze Affäre mir auch in diesen Coronazeiten etwas aufzeigt. Ludwig I. schreibt an seinen Freund Freiherrn von der Tann am Anfang der Liebesgeschichte folgende Zeilen über Lola Montez: „Ich kann mich mit dem Vesuv vergleichen, der für erloschen galt, bis er plötzlich ausbrach. Ich glaubte, ich könne nie mehr der Liebe, Leidenschaft fühlen, hielt mein Herz für ausgebrannt. In des Himmels Höhen erhob es mich, meine Gedanken wurden reiner, ich wurde besser“. Ich spüre aus diesen Worten die Leidenschaft des Mannes, der seine Verantwortung für die Familie völlig vergaß.
Nach der Affäre nur zwei Jahre später dann folgende Zeilen des „alternden Lovers“: „Hätt ich doch nie und nimmer Dich gesehen! Für dich gegeben ich mein letztes Blut. Durchdrangest mich mit namenlosen Wehen, Du meines Lebens glühendste Liebesglut! Mit Untreu hast Du meine Treu vergolten. Du wollt´s mein Geld, Du wolltest meine Macht, die Du bewirket, dass mir alle grollen, verwandelst das Dasein mir in Nacht. Der Jahre langer Traum ist nun verschwunden, in einer Öde bin ich jetzt erwacht, vorüber ist, was ich gefühlt, empfunden, doch um die Krone bleibe ich gebracht“. So schnell kann es gehen. Da wird jemand in den Himmel gehoben und dann bricht alles wieder auseinander. Die Realität holt Menschen grausam ein.
Ich habe an diese Geschichte in der Coronakrise öfters gedacht und wusste nicht um das „Jubiläum“ dieser Frau, dieser irischen Tänzerin. Ludwig I. hat sie ja sogar zur Gräfin Marie von Landsfeld erhoben. Aber schnell ist sie gefallen. Verschiedene Statements von Politikern und Wissenschaftlern am Anfang der Coronakrise haben bestimmte Männer und Frauen viele Sympathiepunkte gebracht und sie wurden „wie in den Himmel gehoben“ ohne dass sie das oft wollten. Wird das auch noch der Fall sein, wenn die Krise noch länger dauert und weiterhin Opfer von den Menschen verlangt? Das war damals vor knapp einem Jahr die Frage. Sie ist es jetzt immer noch da, ja noch bedrängender. Ich bin gespannt, wie Politiker jetzt handeln und wie die Menschen darauf reagieren werden.