Wenn Corona will, steht (für Genesene und Geimpfte) noch weniger still, Update 431 vom 20.05.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Draußen vor der Tür

Wer kennt nicht dieses Schild: „Wir müssen draußen bleiben“. Meistens ist dieser Hinweis vor einem Geschäft zu sehen und ein Hund ist abgebildet. In der Zeit der Coronapandemie bin ich mir immer mal so vorgekommen: ich muss draußen bleiben. Vor allem im Bereich der Gastronomie und bei verschiedenen Geschäften des Einzelhandels war das der Fall. Ich selbst war mit meiner Frau vor dem 1. Advent 2021 zwei Wochen in Quarantäne. Dann hieß es für uns: „Wir müssen drinnen bleiben“. Das ist aber nur ein andere Ausdruck für denselben Sachverhalt: Menschen müssen draußen bleiben. Denn wer drinnen bleiben muss in Quarantäne, der ist von der Gesellschaft ausgeschlossen.

Ich habe von Menschen gehört, die mehrmals in die Quarantäne geschickt wurden. Vor allem bei Schüler/-innen ist das passiert. „Draußen bleiben zu müssen“. Das hat etwas Hartes an sich. Es bedeutet: Ich gehöre nicht mehr dazu. Ich darf mich nicht am Leben beteiligen. Ich bin isoliert. Ich bin einsam.

Das Stück „Draußen vor der Tür“ ist wohl das bekannteste Werk von Wolfgang Borchert, der genau heute vor 100 Jahren, am 20.05.1921 in geboren ist. Einen Tag vor der Uraufführung am 21.11.1947 ist er mit gerade einmal 26 Jahren gestorben. Er beschreibt in diesem Stück die Geschichte des Kriegsheimkehrers Beckmann, dem es nach dreijähriger Gefangenschaft nicht gelingt, sich wieder ins Zivilleben einzugliedern. Er bleibt von der Gesellschaft ausgeschlossen und erhält auf seine Fragen keine Antwort.

Ich befürchte, dass es ähnliche Geschichten auch nach der Coronapandemie geben kann und wird. Manche werden neu aufleben und aktiv werden. Andere aber haben solch einen psychischen Knacks erhalten, dass sie damit vielleicht ihr Leben lang leben müssen. Ich hoffe, sie werden lernen, damit umzugehen und mit vielen Gesprächen und Therapie in den Alltag zurückfinden.

Wolfgang Borchert war selbst Opfer des Krieges. Am 23.02.1942 kehrte er von einem Postengang mit einer Schussverletzung zurück. Der linke Mittelfinger musste amputiert werden. Seine Vorgesetzten äußerten den Verdacht der Selbstverstümmelung. Er selbst wurde mit Diphterie in ein Lazarett verlegt. Nach dem Krieg kam er gesundheitlich nicht mehr auf die Beine. Seine Leber war durch andauernde Ernährungsmängel stark geschädigt.

Ich ende mit dem wohl bekanntesten Gedicht dieses Schriftstellers: Ich möchte Leuchtturm sein in Nacht und Wind – für Dorsch und Stint – für jedes Boot – und bin doch selbst ein Schiff in Not“.

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