Archiv des Autors: Pfr. Gerhard Metzger

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 164 vom 26.08.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Du bist der Mann

Gestern war der Namenstag von David. Er hat Gott und Menschen mitten in der Lebenskrise in noch jungen Jahren vertraut. Das hat ihm geholfen und er konnte seinen Lebensplan erkennen, den Gott für ihn bereitet hat. Nach vielen Jahren wird er König in Hebron und in Juda. Zuletzt erobert er die Jebusiterstadt Jerusalem und baut diese zur neuen Hauptstadt auf. So ist es David zu verdanken, dass Jerusalem bis heute eine herausragende Stellung hat.

Alles paletti! Nein, ist es nicht. Wer kennt nicht die Geschichte von Batseba. Sie steht im zweiten Samuelbuch im 11. und 12. Kapitel. David sieht diese Frau am Abend auf dem Flachdach ihres Hauses baden. Er begehrt sie, aber sie ist schon mit Uria verheiratet, der gerade als Soldat für das Reich von David kämpft. David lässt die Frau holen und sie verbringen eine gemeinsame Nacht. Batseba wird schwanger und David hat damit ein Problem bekommen. Mit großer Hinterlist und Intrige erreicht er, dass Uria im Kampf stirbt. David heiratet sofort die Batseba und nach außen geht alles seinen gewohnten Gang. Ein Sohn wird geboren. Aber Gott lässt sich nicht hinter das Licht führen. Er sendet den Propheten Nathan zu David. Dieser verwickelt ihn in eine Parabel und David spricht sein eigenes Urteil aus: „Der Mann ist ein Kind des Todes, der solches getan hat“ (2. Samuel 12, 5).

Du bist der Mann“ – diese Worte haben David sicherlich in Mark und Bein getroffen. David tut Buße, aber das Kind stirbt. Wie oft habe ich mit Schulkindern darüber gesprochen, ob das von Gott richtig war, dass ein Kind für die Sünde seines Vaters sterben muss. Ich werde im Himmel einmal diese Frage auch Gott stellen und bin auf die Antwort gespannt. Interessant ist für mich, dass in der Parallelerzählung der Königsgeschichten von Israel und Juda (die beiden Königsbücher) diese Geschichte ausgelassen wird. Sie war diesem Erzähler wohl zu anrüchig bzw. er wollte David nicht in Misskredit bringen. Aber vor Gott kann niemand die Wahrheit geheim halten. Gott weiß um unser Tun und auch um unsere innere Motivation für unsere Taten. Das gilt auch in der Coronakrise. Alle Entscheidungen von Verantwortungsträgern, alle Proteste, alle Verschwörungstheorien werden einmal von Gott geprüft werden. Er kennt die Herzen der Menschen.

Es bleibt das Gebet, das David nach diesem Geschehen zugeschrieben worden ist: „Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz und gib mir einen neuen, beständigen Geist. Verwirf mich nicht von deinem Angesicht, und nimm deinen heiligen Geist nicht von mir. Erfreue mich wieder mit deiner Hilfe, und mit einem willigen Geist rüste mich aus“ (Psalm 51, 12ff).

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 163 vom 25.08.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit#

Noch einmal davon gekommen

Das waren wirklich seltsame Dinge, die er schon als kleiner Junge erlebt hat. Zuerst wird er von der Herde heimgerufen. Ein alter Mann steht vor ihm und schüttet Öl über seinen Kopf. Dann murmelt dieser noch ein paar Worte von König und ähnliches. Was soll er sich dabei denken? Später kommt er an den Königshof um dem König etwas vorzuspielen. Dieser fällt immer wieder in eine Depression. Oft genug geht das von einem Augenblick zum anderen. Er scheint guter Laune zu sein. Und nur wenige Minuten später verfällt er in Starre, wird mürrisch und ärgerlich. Er ist nicht mehr Herr über sein Handeln. Die Bediensteten bekommen Angst und können das alles nicht einordnen.

Musik hilft weiter – heißt es. Das ist ja auch heute noch eine gute Möglichkeit der Therapie für depressiv Kranke: kreativ sich zu betätigen. Manche malen und andere versuchen mit Musik solch ein Tief zu überwinden und an die Ursache ihrer Depression zu gelangen. „Seht euch um nach einem Mann, der des Saitenspiels kundig ist, und bringt ihn zu mir“. So lautet der Befehl. Immerhin: Der König erkennt seine Krankheit und sucht Hilfe. Das ist ein erster Schritt aus seiner Krankheit heraus. Dieser Hirtenjunge wird geholt und spielt immer wieder auf seiner Harfe, damit der König seine Depressionen überwinden kann. Dann wird die Geschichte im 1. Samuelbuch, Kapitel 17 erzählt, wie dieser Hirtenjunge David den Philister Goliath besiegt hat. Die Menschen bejubeln ihn darauf hin und singen: „Saul hat 1000 Mann geschlagen, David aber zehn mal Tausend“. Das war für Saul zu viel. Der Neid kommt hoch und auch die Angst des Machtverlustes bzw. dass die Menschen sich David mehr zuwenden als ihm. Eines Tages spielt David wieder einmal bei Saul. Der König nimmt den Speer und wirft ihn um David zu töten. Dieser weicht aus und weiß, dass seine Zeit bei Saul zu Ende geht. Mit Hilfe seines Freundes Jonathan, der zugleich der Sohn von Saul ist, gelingt ihm die Flucht.

So kommt David gut aus seiner Lebenskrise heraus. Er vertraut auf Gott und verlässt sich auf Hilfe durch Freunde. Eine gute Art und Weise, Krisen zu bewältigen. Das haben hoffentlich auch viele der Leser/-innen in den letzten Wochen und Monaten erfahren. Aber es gilt, diese Gewissheit in Gott und in Menschen immer wieder neu zu leben. Immerhin hatte David die Verheißung Gottes im Ohr: „Der Mensch sieht, was vor Augen ist; der HERR aber sieht das Herz an“ (1. Sam 16, 31). Und diese Verheißung gilt nicht nur heute, am Gedenktag des David im Heiligenkalender.

Wen Corona will, steht (noch) manches still, Update 162 vom 24.08.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Die Bartholomäusnacht

Es war eine der schwersten Krisen für evangelische Christen überhaupt. Es war die Nacht vom 23.08. zum 24.08.1572 und damit heute vor genau 449 Jahren. Es war ein Pogrom an den französischen Protestanten. Deshalb ging dieses Ereignis als die Bartholomäusnacht ein. Sie wird auch die „Blutnacht“ genannt. Der französische Admiral Gaspard de Coligny und weitere Führer der Hugenotten wurden in dieser Nacht grausam getötet. Die Ermordung war klug ausgedacht. Denn die Führer waren alle anlässlich der Hochzeit des Protestanten Heinrich von Navarra mit Margarete von Valois in Paris versammelt. Die Hochzeit sollte zur Versöhnung dienen und bewirkte genau das Gegenteil.

Es ist das zentrale Ereignis der sog. Hugenottenkriege. Durch die Straßen von Paris zog sich eine Welle der Gewalt, die sich über ganz Frankreich ausbreitete und den etwa 3000 Protestanten zum Opfer fielen. König Franz I. hatte 1535 erstmals Protestanten in Paris verbrennen lassen. Es kam auch später zu weiteren Ausschreitungen. Das alles verhinderte aber nicht, dass die reformierte evangelische Kirche in Frankreich vermutlich über eine Millionen Anhänger hatte. Ein Augenzeuge berichtet: „Da setzte überall in Paris ein Gemetzel ein, dass es bald keine Gasse mehr gab, auch die allerkleinste nicht, wo nicht einer den Tod fand, und das Blut floss über die Straßen, als habe es stark geregnet. Schon war der Fluss mit Leichen bedeckt und ganz rot vom Blut“. Dennoch gingen die Religionskämpfe weiter und führten zum berühmten Edikt von Nantes im Jahr 1598. Darin wurden den Protestanten politische Sonderrechte zugebilligt.

In der Oberstufe im Gymnasium haben wir im Deutschunterricht in der 11. Klasse das Reclam-Heft zur Bartholomäusnacht gelesen und besprochen. Ich war sehr betroffen und gleichzeitig spielt seitdem der 24.08. in meinem Leben bis heute eine gewisse Rolle. Ich war überrascht und erstaunt, dass die Kirche in Alfeld eine Bartholomäuskirche ist und dort noch – wie nur in wenigen Kirchengemeinden hier im Hersbrucker Land – die Kirchweih nach dem Heiligengedenktag gefeiert wird. Es ist immer der Sonntag, der dem Bartholomäustag am nächsten liegt. Ich kann jetzt besser verstehen, warum die Hugenotten mit einer unglaublichen Zähigkeit auch später in anderen Ländern Fuß gefasst und eigene Gemeinden gegründet haben wie z.B. in Erlangen. Dort steht bis heute am Busbahnhof die Hugenottenkirche.

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 161 vom 23.08.2020

Tägliche Gedanken in einer schwierigen Zeit, heute von Lektorin Christl Schäfer-Geiger

Weißer oder schwarzer Hut?

In der Zeit als Fernsehen noch am Abend stattfand und die Auswahl auf drei Programme begrenzt war, hatten Western ihren Höhepunkt. Von Bonanza, High Chaparral und der Shiloh Ranch bis zu den Rauchenden Colts gab es genügend Auswahl. Die Handlung war bei allen absolut überschaubar. Es ging immer um Gut gegen Böse. Und immer konnte man sich sicher sein, dass der Gute gewinnt, so hoffnungslos seine Situation auch aussah. Am Ende ritt der Held dann immer begleitet von guter Musik in den Sonnenuntergang und alle waren glücklich.

Was bei diesen Filmen dem Zuschauer Sicherheit gab, war die Tatsache,  dass man von Anfang an wusste, wer der Gute und wer der Böse war. Der Gute trug einen weißen Hut und der Böse einen schwarzen. Das war immer so. Das heißt, die Rollenverteilung war klar.

Im Gleichnis vom Pharisäer und dem Zöllner im Lukasevangelium (LK 18, 9-14) sind die Hüte auch schnell verteilt. Der Pharisäer bekommt den schwarzen Hut und der Zöllner den weißen.

Allerdings waren die Pharisäer damals aufrichtige Leute, tüchtig, fromm, ehrlich und rechtschaffen. Das Problem war, dass sie scheinheilig auf andere herabsahen.
Der Zöllner war da viel ehrlicher, er wusste, dass er vieles in seinem Leben falsch gemacht hatte. Er hatte betrogen und ausgetrickst.

Aber beide kamen zum Tempel weil sie das Bedürfnis hatten, da zu beten, wo Gott ihnen nahe war.

Es liegen jetzt schon zahlreiche Coronatage hinter uns und für viele hat sich nicht nur der Abstand verändert. Wir sind umgeben von ängstlichen Menschen und von Leugnern, von Menschen, die nicht mehr wissen, was sie denken sollen, die Angst haben und unsicher sind. Und von Menschen, die sehr selbstbewusst sind, die alles besser wissen und auf andere herabschauen.

Dabei braucht es das gar nicht.  Ein Hüte-Verteilen ist nicht notwendig. Gott sagt von sich aus Ja zu einem Menschen. Er sagt: „Du bist mir recht, so wie du bist.“ Keiner muss sich vor Gott vergleichen mit anderen oder gar zeigen, wie gut er ist.

Wenn Corona will, steht (Noch) manches still, Update 160 vom 22.08.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Wasser des Lebens

Lange hat es in diesem Jahr gedauert. Aber dann war es doch wieder so weit. Das Schwimmen im Happurger Baggersee war und ist angesagt. Vor allem, wenn es solche Tage wie die letzten zwei Tage sind. Gestern waren es bei uns 35 Grad. Normalerweise gehe ich zum ersten Mal im Jahr um die Sonnenwende im Juni in diesen nahegelegenen Badesee. Manche sagen zu mir: „Der ist doch so dreckig. Da bleibe ich weg“.

Für mich ist dieser See aber ein Labsal. Er liegt keine  5 km von Altensittenbach weg und so bin ich schnell dort. Ich schwimme fast nur auf dem Rücken. Insgesamt komme ich so auf 700 – 1000 m, manchmal auch ein wenig mehr. Dann gehe ich wieder raus und heim. Am Liebsten mache ich das in der Früh so gegen 6.30 – 7.00 Uhr. Einige „Wasserratten“ sind dann auch schon da. Beim langsamen und geruhsamen Rückenschwimmen gehen mir viele Gedanken durch den Kopf und das ersetzt für zwei Monate mein Nordic-Walken. Das Wasser umspült mich und ich spüre, wie Gott mich mit seiner Liebe „berührt“. Ich lasse die Gedanken kreisen und in mir sind die Bilder, was Wasser im Glauben an Jesus bedeutet.

Vor allem ist es Symbol für die Taufe. Das Wasser reinigt mich von allem, was mich belastet. In der Taufe habe ich die Gewissheit, dass Jesus mich hört und ich mich auf ihn verlassen kann. Das Wasser erinnert mich auch an das „Wasser des Lebens“, von dem die Bibel oft genug spricht. Bei diesen Worten denke ich an eine überraschende Info aus dem diesjährigen Urlaub auf Usedom. Davon aber ein anderes Mal mehr. Persönlich liegt mir immer noch ein Kinderlied am Herzen, das wir früher bei unserem ALBA-Familiengottesdienst (ALtensittenBacher Abenteuerland) sehr oft gesungen haben. Es drückt in einfachen Worten aus, worauf Wasser hinweist.

„Jeder, der es will, wer es haben möchte, dem schenkt Gott das Wasser des Lebens. Ich komm jetzt zu dir, bitte dich mein Vater, schenke mir das Wasser des Lebens. Dass dein Leben in mir lebt, deine Liebe durch mich liebt, deine Treue macht mich treu, alles durch dich. Dass dein Lachen in mir lacht, deine Hoffnung durch mich hofft, deine Stärke macht mich stark, alles durch dich. Mein Vater“.

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 159 vom 21.08.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Was das Wort Masern in mir auslöst!

Es ist der 21.08.1968. Also heute vor genau 52 Jahren. Es ist ein heißer Tag, ein Mittwoch. Ich liege seit fast einer Woche krank im Bett. Auch wenn ich gerade mal 10 Jahre alt bin, habe ich unruhige Gedanken in mir. Die Getreideernte ist im vollen Gang. Da werden auf dem Hof alle Hände gebraucht. Von früh bis spät wird gedroschen. Stroh muss eingefahren werden. Daneben die normale Stallarbeit am Morgen und am Abend. Im Hof stehen zwei große Fuhren mit Stroh. Dann auch noch zwei Anhänger voll von Getreide.

Und ich liege im Bett! Tatsächlich hatte ich damals gedacht: Der Hof bricht zusammen, weil ich nicht helfen kann. Auch meine beiden jüngeren Geschwister liegen krank im Bett. Wie soll das alles funktionieren? Ich habe Masern. Jetzt im Jahr 2020 ist das vielleicht ein Glück. Denn wenn im Herbst die Schule beginnt, muss jeder Pädagoge nachweisen können, dass er kein Masernüberträger ist. Ich gehöre zu der Generation, die diese Masern als Kinderkrankheit durchgemacht hat.

Plötzlich am Nachmittag höre ich Schritte auf der Treppe. Ich weiß sofort: Mein Vater schaut nach mir. Er macht die Tür auf, tritt herein und setzt sich ans Bett. Seine ersten Worte waren: „Gerhard, ich glaube es gibt jetzt den dritten Weltkrieg“. Dann ein paar Erklärungen und natürlich auch die Frage nach meinem Gesundheitszustand. Ich sage noch: „Schafft ihr die Arbeit alle?“ „Ja, das schaffen wir schon“. Dann ist er wieder an die Arbeit gegangen.

Was war geschehen? An diesem Tag sind die Truppen der Warschauer Paktstaaten in die damalige CSSR einmarschiert und haben vor allem Prag besetzt. Und damit wurde der sog. „Prager Frühling“ beendet. Keiner wusste an diesem Abend so wirklich, wie wohl die NATO-Staaten reagieren würden. Sie setzten die Armeen in Alarmbereitschaft, aber sie griff nicht ein. Es wurde besonnen gehandelt. Das Jahr 1968 war mit den sog. Studentenunruhen sowieso schon laut und schrill genug.

Heute weiß jeder, dass diese Besonnenheit viel Schlimmes verhindert hat. Der sog. „Eiserne Vorhang“ ist dennoch gefallen, wenn auch erst gut 20 Jahre später. Aber in mir spüre ich bis heute so ein komisches Gefühl um dieses Datum herum. Dieses Angstgefühl kommt auch heute in mir hoch. Denn einen Krieg konnte und wollte ich mir nicht vorstellen. Und dieses Gefühl, dass von mir „der Hof abhängt“ zeigt im Nachhinein, dass Kinder in der Landwirtschaft nicht nur körperlich gefordert waren, sondern dass sie wohl oft genug auch zu viel Verantwortung im Herzen mitgetragen haben.

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 158 vom 18.08.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Hören können wie Jünger hören

„Er weckt mich alle Morgen, er weckt mir selbst das Ohr. Gott hält sich nicht verborgen, führt mir den Tag empor, dass ich mit seinem Worte begrüß das neue Licht. Schon an der Dämmrung Pforte ist er mir nah und spricht“.

Dieses Lied steht als Nr. 452 im neuen evangelischen Gesangbuch. Es gehört zu den bekanntesten neueren geistlichen Liedern. Es stammt von Jochen Klepper, der selbst ein bewegendes Leben hatte und in gewissem Sinne Opfer des sog. dritten Reiches wurde. Dazu aber später einmal mehr. Mir geht es um den Text. Das Lied ist eine Vertonung der Worte aus dem Buch des Propheten Jesaja im 50. Kapitel. Es gehört zu den grundlegenden Wahrheiten der Bibel, dass Menschen die Stimme Gottes hören können.

Unter anderem in  der 4. Klasse stellt sich diese Frage an mehreren Stellen. Ein Lerninhalt ist die Geschichte von Mose und der Befreiung des Volkes Israel aus der Gefangenschaft in Ägypten. Immer wieder heißt es, dass „der HERR zu Mose spricht und dass Mose hört“. „Wie könnt Ihr Euch das vorstellen?“ – so lautet meine Frage an die Schüler/-innen. Es gibt immer lebhafte Diskussionen. Denn es ist allen klar, dass dieses Sprechen und Hören auf Gott nicht so erfolgt wie ein menschliches Reden. Auch in der Bibel sind nur selten solche direkte Reden (sog. Auditionen) von Gott zum Menschen beschrieben. Dennoch hören Menschen die Stimme Gottes. Meistens in einer besonderen Situation.

Dazu gehört auch Samuel. In den ersten drei Kapiteln des ersten Samuelbuches wird das geschildert. Schon die Umstände von Schwangerschaft und Geburt sind besonders. Seine Mutter Hanna konnte keine Kinder bekommen. „…der HERR hatte ihren Leib verschlossen“. Zur damaligen Zeit galt Kinderlosigkeit als Strafe Gottes. Sie lebt also in einer extremen Lebenskrise, denn sie wurde für diese Kinderlosigkeit verantwortlich gemacht. Hanna geht aber nicht in Rückzug und Resignation. Sie betet unaufhörlich zu Gott und immer und immer wieder bittet sie Gott um Erhörung bei der jährlichen Wallfahrt zum Tempel. Der dortige Priester Eli verspricht ihr, dass Gott ihr Gebet erhören wird, auch wenn menschenmöglich nichts mehr zu hoffen war. Hanna bekommt den Samuel und übergibt ihn „dem HERRN“. Nach der Entwöhnung erfüllt sie ihr Versprechen und Samuel wird ein Prophetenschüler.

Eines Nachts hört er die Stimme Gottes mit einer Gerichtsbotschaft für Eli. Insgesamt dreimal spricht Gott zu ihm. Er kann es nicht glauben und geht zu Eli. Dieser erkennt, dass dieser junge Prophet eine besondere Gabe hat, auf Gott zu hören. Er rät Samuel die entscheidenden Worte zu sagen: „Rede, denn dein Knecht hört“ (1. Sam 3, 10). Ich erkenne aus dieser Geschichte, dass dieses Hören auf Gott gelernt und eingeübt werden muss. Ich denke an manche Übung in unserem Schülerbibelkreis: „Was habe ich mit Gott erlebt? Wie hat Gott zu mir in der letzten Woche gesprochen? Wie stark bin ich mit meinen Wünschen und Hoffnungen und Ängsten darin behaftet? Gleichzeitig aber auch: Wie will Gott mich durch sein Reden stärken und auferbauen? Von Samuel kann ich viel lernen und nicht nur heute an seinem Heiligengedenktag, der auf den 20.08. fällt.

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 157 vom 18.08.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Wo sind die Koffer?

Ich hatte gleich ein so komisches Gefühl an diesem Abend. Es war ein wunderschöner Tag, dieser 19.08.1998. Heute vor genau 22 Jahren. Unsere ganze Familie steckte in den Vorbereitungen zum Urlaub an der Lübecker Bucht. Es sollte nach Grömitz gehen. Zum dritten Mal wollten wir mit unserem Ford Escort-Diesel in den Urlaub fahren. Zwei Erwachsene und drei Kinder. Da gibt es viel Gepäck. Der Gepäckträger war längst nicht so tief wie beim alten Auto. Aber er hat schon 2-mal vorher gehalten. Ich lege die Gepäckstücke in den Gepäckträger. Ich lege eine Plane darüber und zurre alles insgesamt fest. Nachher hat mir jemand gesagt, dass ich jeden einzelnen Koffer extra anschnallen hätte müssen. Irgendwann gegen 21.00 Uhr fahren wir los. Ich habe zweimal gehalten um die Gurte fester zu schnallen. Beim Tanken auf der A 7 schaue ich noch einmal nach oben und bemerke (leider) nichts. Auf der dreispurigen Autobahn fahren die Autos dicht an dicht.

Nach vielen weiteren Kilometern überholt mich ein roter Bus und schaltet die Warnblinkanlage an. Er fährt direkt vor mir her und wird immer langsamer. Er hat die Warnblinklichter an und ich erkenne, er will mich zum Halten bringen. Das geschieht. Ich sehe noch, dass hinten am Bus ein Fisch klebt, so wie das bei Christen immer wieder der Fall ist. Beim Bus steigt ein Mann aus und geht auf unser Auto zu. Ich steige ebenfalls aus, gehe ihm entgegen und der Mann sagt zu mir: „Ich bin gerade über ihre Koffer gefahren“. Ich blicke mich um. Tatsächlich: Auf dem Auto befindet sich kein Koffer mehr. Er sagt mir, dass bei seinem Auto Schläge im Motorbereich zu hören sind. Er will nach Dänemark fahren und sich das anschauen lassen. Ich gebe ihm meine Telefonnummer, damit er mich evtl. erreichen kann. Dann fährt er weiter und ich rufe die Polizei. Im Auto fangen wir an zu beten und zu danken.

Nach etwa 15 Minuten kommen zwei Politzisten auf mich zu. Einer hat ein Handtuch in der Hand. „Das ist alles, was wir gefunden haben“. Wir kommen ins Gespräch und er sagt: „Wissen Sie, was passieren hätte können? Aber es ist ja noch einmal gutgegangen. Geben Sie mir 20,– Mark Ordnungsstrafe und fahren Sie weiter nach Grömitz. Und danken Sie Gott dafür, dass nicht mehr passiert ist“. Ich denke noch: Was glauben Sie, was wir gemacht haben? Aber schon war der Polizist weg. In Grömitz angekommen, standen wir nur mit den Kleidern auf dem Körper da. Also hieß es zuerst einmal neue Kleider kaufen! Meine Kinder meinten hinterher: „Papa, so spendabel warst du ja noch nie“. Mein schlechtes Gewissen hat also den Geldbeutel geöffnet.

Drei Wochen später, an einem Sonntag ein Anruf bei uns zu Hause. Es war der Busfahrer von der Autobahn. Er hat den Schaden an seinem Auto für 50 Mark reparieren lassen und ob er das Geld haben könnte. Natürlich. Am Schluss des Gesprächs frage ich ihn nach den Fisch auf dem Auto. „Ich bin Christ und deshalb dieser Fisch. Außerdem bin ich Pastor einer freien Gemeinde“. Mein Antwort: „Ich bin auch Christ und habe ebenfalls einen Fisch auf dem Auto. Und ich bin Pfarrer in einer Landeskirche“. Zwei Jahre später haben wir ihn in seiner Gemeinde in Lahr besucht. Im Gottesdienstraum war ein Bild von unserem kranken Sohn Simon aufgehängt. Die Christen dort haben intensiv für ihn gebetet.

Und jetzt die spannende Frage: War das alles nur Zufall? Oder geht Gott Wege, die wir uns kaum vorstellen können? Wir haben jedenfalls erlebt: Gott kann in der größten Krise Zeichen seiner Gegenwart senden. Und das wünsche ich jeden/r Leser/-in dieser Zeilen.

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 156 vom 18.08.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Die Armut von Klara v. Assisi

Da es offenbar ist, dass der Mangel am Nötigsten Euch nicht schreckt und Derjenige, der die Vögel des Himmels ernährt und die Lilien des Feldes kleidet, nicht versäumen wird, Euch Nahrung und Kleidung zu geben, willfahren Wir Eurer Bitte und genehmigen Euch durch Apostolische Gnade, in äußerster Armut zu leben. Ferner wird Euch durch vorliegendes Schreiben genehmigt, niemals gezwungen werden zu dürfen, irgendwelche Besitzungen annehmen zu müssen“. Das war der Text, den Klara v. Assisi dem Papst Gregor IX. abgerungen hat. Dieser besuchte sie und wollte mit ihr eine Ordensregel vereinbaren. Der Text ist das Ergebnis des Gesprächs. Er ist sehr ungewöhnlich und auch für meine Ohren kaum nachzuvollziehen.

„Ein Recht auf Armut“ zu haben. Ich erkenne darin das radikale Handeln dieser Frau. Der nachfolgende Papst Innozenz IV. kam ebenfalls zu ihr um eine Regel für den Orden zu erwirken. 1247 schickte er den von ihm formulierten Text nach Assisi. Klara war nicht zufrieden. Sie formuliert: „Weder Häuser, noch Ländereien, noch was sonst es sei, sollen sich die Schwester aneignen, sondern als Fremde und Pilger sollen sie hier auf Erden Gott dienen, in Demut und Armut, und mit Vertrauen ihre Zuflucht zu den Almosen nehmen. Dass sie sich wohl hüten mögen, deswegen zu erröten! Ist doch der Herr selbst für uns auf dieser Erde arm geworden“. Der Papst nimmt ihr die Beichte ab und sagt danach: „Gebe Gott, dass ich es ebenso wenig nötig hätte wie du“. Am 9. August 1253 unterschreibt der Papst die Bulle, die Klaras Regel bestätigte. Schon zwei Tage später ist sie dann gestorben. Aber sie hatte erreicht, was sie wollte. Die Zähigkeit ihres Willens lässt sich an der Tatsache erkennen, dass sie die letzten zwanzig Jahre ihres Lebens häufig krank und bettlägerig war. Durch ein Loch im Boden konnte sie in ihrem Lager die Gottesdienste ihrer Mitschwester mitfeiern. Ihre letzten Worte waren: „Herr Gott, gelobt seist du, dass du mich erschaffen hast“.

An diesem Ort lebte Klara v. Assisi die letzten Jahre ihres Lebens direkt über der Kapelle von San Damiano

Insgesamt dreimal stand ich im meinem Leben an diesem Lager, das heute sehr gut in San Damiano zu besichtigen ist. Und jedes Mal war ich tief angerührt vom Leben dieser Frau, für die in Assisi die Klarakirche gebaut worden ist. Sie enthält ein besonderes Kreuz, aber davon mehr im Oktober.

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 155 vom 17.08.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Das Evangelium konkret leben

Einfach das Evangelium unseres Herrn Jesus Christus zu beachten“. Das war der Leitspruch von Klara v. Assisi. Sie war Zeitgenossin des Hl. Franz. Durch dessen Leben wurde sie selbst überzeugt von Armut und dienender Liebe für Christus. Weil sie selbst aus einem wohlhabenden, adligen Elternhause stammte, glich ihre Lebensveränderung einer Kriminalgeschichte. Mit 14 Jahren waren damals um 1200 n. Chr. Mädchen im heiratsfähigen Alter. Aber der Plan einer standesgemäßen Verlobung mit einem Edelmann konnte Klara um zwei Jahre hinausschieben. Schließlich entschloss sie sich für ein Leben wie Franz. Das konnte aber nur durch Flucht geschehen. Man hatte sich den Palmsonntag 1212 ausgesucht. Am Vormittag ging Klara mit ihrer Familie ins feierliche Hochamt und ließ sich den Palmzweig in die Hand drücken. In der Nacht verschwand sie mit einer treuen Freundin, die eine Vertraute der Mutter war. Diese kannte den Plan und ist später selbst aus der Familie in das Kloster von Klara geflüchtet um in Armut zu leben. Sie wurden von Franz und seinen Gesellen erwartet. Klara legte ihre Schmuckstücke ab und ließ ihr Haar abschneiden. Die ganze Gesellschaft marschierte zwei Meilen weiter zum Frauenkloster San Paolo. Vier Tage suchten Männer aus Assisi die Geflohenen um den Aufenthaltsort zu finden. Am Morgen des Karfreitages erschienen sieben berittene Herren im Kloster und verlangten Klara zu sprechen. Es kam zu heftigen Diskussionen. In Wut hat offenbar einer der Männer nach Klara gegriffen, um sie davonzuziehen. Klara riss sich los, lief in die Kapelle und hielt sich am Altar fest, um so ein „Asylrecht“ zu reklamieren. Die Männer liefen ihr nach, Klara riss die Kapuze herunter und zeigte damit, dass ihre Haare geschnitten waren. Als Geschorene war sie dem kirchlichen Recht unterstellt und die Männer zogen ab.

Klaras jüngere Schwester, Agnes, nutzte die Gunst der Stunde und lief ebenfalls von zu Hause weg um sich bei Klara zu verstecken. Es kam zu Tätlichkeiten mit den verfolgenden Männern. Die Legende erzählt: „Die weinende und schreiende Agnes wurde einfach gepackt und davongetragen. Plötzlich wurde ihr Körper so schwer, dass man sie loslassen musste. Klara befiehlt den Männern, von Agnes loszulassen“. Später ging auch noch Klaras ältere Schwester Beatrice zusammen mit der Mutter in das Kloster San Damiano.

Der Innenhof von San Damiano

Wenn ich mit anderen Menschen nach Assisi fahre, dann weise ich immer auf diesen besonderen Ort hin. Während die meisten Besucher vor allem die Hauptkirche San Francesco besuchen, gehe ich dann mit ein paar wenigen Leuten in Richtung San Damiano. Ein ruhiger Ort, der für mich etwas ausdrückt vom ursprünglichen Geist der Franziskanerinnen bzw. der Klarissen wie die Gemeinschaft von Klara genannt worden ist. Leider ein etwas steiler Weg für alle. Aber wo hat Jesus an irgendeiner Stelle gesagt, dass das Leben mit ihm nur geradeaus und eben führt? Vor zwei Tagen, am 15.08.1255 und damit genau vor 765 Jahren ist Klara v. Assisi von Papst Alexander IV. heilig gesprochen worden. Ich erkenne, wie in ihrem Leben aus der Krise heraus, neues Leben für Christus wächst. Aber davon morgen mehr.