Archiv des Autors: Pfr. Gerhard Metzger

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 154 vom 16.08.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Kirchweih unplugged

Heute ist für Altensittenbach ein besonderer Tag. Sie feiern das Kirchweihfest. In diesem Jahr wird es natürlich in „abgespeckter“ Form gefeiert. Gestern Abend konnten sich nur 200 Leute aus dem Kirchweihverein nach Anmeldung in der Fuchsau treffen. Das schreiben die Hygiene- und Sicherheitsvorschriften vor. Aber immerhin: so war zumindest ein kleines „Feeling“ von Kirchweih zu erspüren.

Als Pfarrer erlebe ich Kirchweihfeste ganz unterschiedlich. Hier in der Hersbrucker Region versuchen die einzelnen Dörfer so gut es geht, sich an den Sonntagen abzuwechseln. Das gelingt ganz gut, wenn auch nicht immer. Gleichzeitig mit Altensittenbach feiert z.B. auch Happurg dieses Fest. Natürlich habe ich immer wieder eine Diskussion mit Menschen, welchen Sinn solch eine Kirchweih hat. Spielt da die Kirche wirklich noch die Rolle oder ist sie nur Namensgebung für eine große Dorffeier? In Hessen z.B. wird dazu „Kirmes“ gesagt und in diesem Wort ist das Wort „Kirche“ kaum noch zu erkennen. Wer solche Fragen stellt vergisst leicht, dass diese Trennung von „Kirche“ und „Welt“ wohl nicht unbedingt biblisch zu nennen ist. Kirche soll dort sein, wo Menschen leben, arbeiten und feiern. Und dafür ist das Kirchweihfest ein sehr gutes Beispiel.

Ursprünglich sollte eine Kirchweih an den Heiligen und Namenspatron der Kirche erinnern. Der Thomastag ist am 21.12. und da lässt sich es eben schlecht feiern. Wann soll dann ein guter Termin sein? In vielen Gemeinden spielt die ursprünglich landwirtschaftlich geprägte Struktur eine große Rolle. Das Hersbrucker Land war weltweit um 1900 das Zentrum des Hopfenanbaus. Die Ernte begann Ende August. Vorher wurde noch einmal kräftig gefeiert mit dem Kirchweihfest. Deshalb ballen sich vorher die einzelnen Kirchweihen.

Hopfen gibt es auch in Altensittenbach keinen mehr, aber der Termin für das Kirchweihfest ist geblieben: der dritte Sonntag im August. Und das, obwohl zu dieser Zeit viele im Urlaub sind. Die „eingefleischten“ Kirchweihfans bleiben natürlich zu Hause. Bis vor wenigen Jahren wurde direkt an der Hauptstraße der mächtige Kirchweihbaum aufgestellt. Das war nicht immer ungefährlich, weil der Straßenverkehr unmittelbar betroffen war. Ich habe oft mit unserem Sohn Simon das Aufstellen des Baumes zugeschaut und bewundert, wie er hochgezogen worden ist.

Dass der Kirchweihgottesdienst eben doch eine Rolle spielt, habe ich im Zusammenhang mit der Gründung des Kirchweihvereins erfahren. Im Gespräch wurde der Vorschlag gemacht, den Festgottesdienst im Freien auf dem Gelände vor der Thomaskirche zu feiern. Das wird sehr gut angenommen. Und in diesem Jahr hatte ich im April mitten in der Coronapandemie ein Gespräch mit dem Vereinsvorsitzenden. Das Motto lautete: „Der Gottesdienst findet auf alle Fälle statt, egal ob und wie wir sonst feiern können. Neuhochdeutsch würde man sagen: „Kirchweifest unplugged“. Und das ist vielleicht gar nicht einmal so schlecht, ein Jahr lang ruhig und konzentriert dieses Fest einmal so zu feiern und zu überlegen, warum es überhaupt stattfindet. Und zum Thema „Kirchweihverein“ kann ich noch mehr sagen. Aber dazu dann mehr im kommenden Jahr 2021. „Wie lieb sind mir deine Wohnungen, HERR Zebaoth! Meine Seele verlangt und sehnt sich nach den Vorhöfen des HERRN; mein Leib und Seele freuen sich in dem lebendigen Gott. Wohl denen, die in deinem Hause wohnen, die loben dich immerdar. Denn ein Tag in deinen Vorhöfen ist besser als sonst tausend. Denn Gott der HERR ist Sonne und Schild; der HERR gibt Gnade und Ehre. Er wird kein Gutes mangeln lassen den Frommen“ (Psalm 84).

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 153 vom 15.08.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Herr Metzger, ich kann mir schon denken, über was sie morgen schreiben werden“. Diese Aussage eines Gemeindemitgliedes hat mich überrascht und gefreut. Sie zeigt mir, dass meine „Täglichen Gedanken in einer schwierigen Zeit“ immer noch gelesen werden. Der Satz ist noch nicht allzu lange her. Es war am 12.07. Das Gemeindemitglied hatte die Nr. 119 von Christl Schäfer-Geiger gelesen und wollte mich ein wenig auf die Probe stellen. „Und, worüber schreibe ich morgen?“ – war deshalb meine Antwort. „Vermutlich über Mose, der 120 Jahre alt wurde“. Tatsächlich – das war ein Volltreffer. Dieses Update haben grundsätzlich viele gelesen, weil es auch im Landwirtschaftlichen Wochenblatt stand.

Aber worüber schreibe ich am 15.08.? Ein paar Worte über „Maria“, schließlich feiern heute katholische Christen das „Fest Maria Himmelfahrt“? Aber das habe ich schon gestern geschrieben. Denn heute sollte beim Update 153 die Zahl 153 im Mittelpunkt sein. Preisfrage: Wo kommt diese in der Bibel vor? Vermutlich wissen es nur die Bibelkenner. Die Zahl steht im Johannesevangelium im 21. Kapitel Vers 11. „Simon Petrus stieg hinein und zog das Netz an Land, voll großer Fische, hundertunddreiundfünfzig“. Jesus kommt als der Auferstandene zu seinen Jüngern und was macht er? Er frühstückt mit ihnen!! Welch ein großartiges Bild wird da gezeichnet! Während sich bis heute die Theologen und andere Wissenschaftler die „Köpfe einhauen“, wie ich mir das mit dem Auferstandenen vorstellen soll, kommt Jesus und isst mit seinen Jüngern.

In dieser Geschichte steckt so viel. Etwa die Frage nach dem sog. Lieblingsjünger! Warum haben die Jünger ihn nicht erkannt? Warum müssen sie erst die Fische fangen? Welche Ähnlichkeiten und Unterschiede ergeben sich im Vergleich zur Geschichte der Berufung von Petrus zum „Menschenfischer“? Was hat diese Geschichte mit der Frage nach dem Abendmahl zu tun, die beim Evangelisten Johannes nicht erzählt wird? Warum erkennen die Jünger ihren Herrn auch dann nicht, als sie schon essen? Menschen können sich das schon sehr schwer machen, wenn sie Jesus verstehen wollen. Und Jesus selbst? „Lasst uns frühstücken! Lasst uns essen! Ihr müsst nicht alles verstehen!!“ So interpretiere ich die Szene. Für mich heißt das: Ich muss nicht alles bis ins Letzte verstehen. Ich muss auch die Feier des Hl. Abendmahles nicht bis ins letzte Detail durchdringen. Ich kann Fragen haben, wie ich mir das mit der Auferstehung von Jesus vorstellen kann. Es ist ganz einfach: Ich setze mich zu Jesus an den Tisch und esse. Das genügt. Es ist Zeichen seiner Gegenwart. Mehr braucht es nicht. Und genau dafür steht die Zahl 153.

wenn Corona will, steht (noch) manches still, update 152 vom 14.08.2020

Mein Oma Maria war eine mutige Frau

Morgen am 15.08. ist also dieser für evangelische Christen etwas komische Feiertag: „Maria Himmelfahrt“. Immerhin ist dieser Tag im Saarland und in Bayern gesetzlicher Feiertag in Kommunen, in denen mehr katholische Mitglieder als evangelische Mitglieder wohnen. Deshalb wird es bei jeder Volkszählung spannend, ob es Kommunen gibt, bei denen sich das Verhältnis seit der letzten Zählung verändert hat. Hoffentlich kommt es bei knappen Ergebnissen nicht zu einer Situation wie in Gräfendorf in der Rhön im 16. Jahrhundert. Wenn eine Frau dort schwanger war und langsam der Geburtstermin nahte, dann wurde der „Wunschpfarrer‘“ vorher gerufen. Er postierte sich notfalls auch mehrere Tage vor dem Haus um das Geborene sofort nach der Geburt entsprechend zu taufen. Ob jemand katholisch oder evangelisch war, entschied sich also nach der Schnelligkeit des jeweiligen Pfarrers. Da soll noch jemand sagen, dass früher alles besser war!!!!!

Mit dem Vorname Maria hat es in Bayern noch eine besondere Bewandtnis. Es ist der einzige weibliche Vorname, der als Zweitname auch bei Jungs gegeben werden kann wie z.B. der Modedesigner Guido Maria Kretschmer oder der Schauspieler Günther Maria Halmer oder auch der Dichter Rainer Maria Rilke. Immerhin ist Maria nicht nur die Mutter von Jesus, sondern auch die Schutzheilige von Bayern (Patrona Bavariae). Ich habe persönlich noch eine andere Frau mit diesem Namen im Blick. Es ist meine Oma Maria aus Endsee. 1931 hat sie den Nachbarsohn geheiratet und insgesamt vier Kinder geboren. Sie war eine für die damalige Zeit typische Bauersfrau, die für Familie, Haushalt, Kindererziehung und Hof da war. In meiner Erinnerung war sie als Ergebnis ihrer harten Arbeit gekrümmt, zuletzt fast um 90 Grad. Sie hat aber nie geklagt. 1994 ist sie mit über 80 Jahren gestorben. Sie war eine Frau wie es viele in dieser Generation gab. Das Leben dieser Frauen kurz zusammengefasst heißt: Kurz nach der Jahrhundertwende geboren – den ersten Weltkrieg als Kind oder Jugendliche erlebt – kurz vor dem zweiten Weltkrieg geheiratet und während des Krieges die Kinder erzogen. Dann die Angst um den Mann. Viele haben ihren Mann verloren, manche erst im Volkssturm. Wenn heute jemand von Unfreiheit und von den schlimmen Einschränkungen durch Corona spricht, dem empfehle ich unbedingt ein Gespräch mit Menschen der Kriegsgeneration. Da gab es ungleich mehr Einschränkungen und Ängste!!

Erst vor wenigen Jahren hat mir mein Vater erzählt, dass sie ganz offen eine Hitlergegnerin war. „Wie könnt Ihr nur dem Hitler so viel glauben?“ So würde ich die Worte meines Vaters über seine Mutter zusammenfassen. Offenbar war das so offensichtlich, dass der Ortsgruppenleiter der NSDAP des Dorfes mit meinem Opa ein „ernstes“ Wort reden musste und meinte, er soll auf seine Frau mehr „aufpassen, was sie sagt“. Immerhin: Zu einer ernsthaften Gefahr für sie selbst wurde ihre Haltung nicht. Und darüber waren dann alle froh. Am Ende ihres Lebens musste sie noch mit einem Tumor kämpfen. Aber der Arzt hat gleich gesagt: „In solch einem Alter wächst der ganz langsam. Da können sie noch lange gut mit leben“. Und so war es dann auch. Sie starb wie ihr Mann, als „sie alt und lebenssatt“ war (siehe mein Update 120 vom 13.07.2020).

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, update 151 vom 13.08.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Baut Brücken und nicht Mauern

Kennst Du das Lieblingslied von Menschen, die in einem Gefängnis sitzen“? Ein ehemaliger Gefängnispfarrer hat mich mit dieser Frage wirklich überrascht. Ich denke nach, ich denke hin und her. Er gibt mir noch einen Tipp: „Ich habe es immer wieder in einem Gottesdienst im Gefängnis singen lassen, weil die Insassen es oft singen wollten“. Ich komme immer noch nicht drauf. „Gerhard, es ist ein Lied aus Deiner Jugendzeit und steht in „Sein Ruhm – unsere Freude. Fällst es Dir jetzt ein?“ Ich schaffe es nicht. Seine Antwort hat mich wirklich verblüfft. „Mit meinen Gott kann ich Wälle zerschlagen, mit meinem Gott über Mauern springen“. Da hätte ich wirklich drauf kommen können. Wie oft habe ich dieses Lied im Kreis der anderen am Samstag abend im CVJM Leuzenbronn gesungen.

Aber nicht nur Gefängnisinsassen wünschen sich, dass Mauern abgebaut werden. Es gibt die vielen unsichtbaren Mauern zwischen Menschen, die einem das Leben so schwer machen können. „Baut Brücken und nicht Mauern“. Wer mein Update 140 vom 02.08. gelesen hat, weiß, wie schwer das ist. Immerhin war das eine der ersten bekannten sog. „Fakes“ der Geschichte, als Walter Ulbricht am 13.08.1961 und damit genau heute vor 59 Jahren begann der Mauerbau. Die DDR-Regierung hatte ihr eigenes Volk eingesperrt. Es starben bei Fluchtversuchen an der Berliner Mauer 238 Menschen und an der innerdeutschen Grenze 441.

Wenn ich im Religionsunterricht auf das Thema „unsichtbare Mauern“ komme, dann spreche ich auch diese sichtbare Mauer an. Meistens schauen mich die Schüler/-innen ungläubig an. Dann rede ich mit ihnen darüber, erzähle Geschichten davon und dass Deutschland einmal durch eine Mauer geteilt war. „Stimmt das wirklich, was Sie uns da erzählen?“ Diese Frage ist für mich ganz komisch und ich bin fast ein wenig traurig darüber. Vermutlich sind wir die Generation, die davon erzählen muss so wie die Kriegsgeneration vom Holocaust.

Manchmal habe ich das Gefühl, dass bei den Diskussionen um das Coronavirus auch solche unsichtbare Mauern da sind. Sie verläuft zwischen denen, die Angst haben und um Vorsicht mahnen und denen, die eher leichtfertig sind und das Geschehen für eine Art „leichte“ Grippe halten. Vielleicht ist es so wie mit der innerdeutschen Mauer. Wer Coronakranke kennt, ist vorsichtig. Wer keinen Kranken kennt, geht eher leichtfertig und etwas ratlos damit um. Hoffentlich gibt es auch hier Brücken, die beide Seiten zueinander bringen.

Im Internet habe ich ein neues Lied der Christusgemeinde Bielefeld zu Psalm 18 gefunden.

Dort heißt es: „Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen, mit meinem Gott kann ich alles überwinden…Denn meinem Gott ist kein Ding unmöglich. Er ist stark, in meiner Schwachheit. Seine Gnade ist alles, was ich brauch. Er ist mein mächtiger Retter. Ihm allein gehöre ich

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 150 vom 12.08.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Gott hat alles im Griff

Ich war in großer Erwartung. Und ich konnte es mir auch nicht wirklich vorstellen. Am Samstag vorher bin ich auf dem Dorffest bei meiner Andacht darauf eingegangen. Es war tagelang Gesprächsthema Nr. 1. Vor allem sollte es sich erst wieder am 11.08.1999 zog sich mit dem Kernschatten durch das Ries und ich war mitten drin. Ein überwältigender Augenblick. Unbeschreiblich und unfassbar. Dass der Mond genauso vor der Sonne steht, dass dieser kleine Körper den riesengroßen Stern total verdeckt.

Meine Familie hat den Kernschatten an drei verschiedenen Orten erlebt. Unsere ältere Tochter in Cornwall, unsere jüngere Tochter in Rumänien und wir im schwäbischen Ries. Ich habe gelesen, dass Wissenschaftler mal an einer totalen Sonnenfinsternis bei Ureinwohnern in Australien waren. Sie hatten den Eingeborenen dieses Ereignis genau auf die Sekunde vorausgesagt. Diese staunten darüber und haben die Forscher wie Götter verehrt. So eine Vorstellung von der Sonne haben das übrigens auch die Juden in der babylonischen Gefangenschaft erlebt. Die Babylonier waren in der Astronomie schon sehr weit und hatten im achten Jahrhundert vor Christus schon das heliozentrische Weltbild. Sie wussten, dass die Erde sich um die Sonne dreht und dass es Planeten gibt. Sie haben das Jahr mit den 12 Monaten eingeführt und kannten die Gesetze der Jahreszeiten. Weil die Sonne so im Mittelpunkt stand, meinten sie, die Sonne wäre ein Gott.

Dagegen haben sich dann aber die Juden gewehrt. Für sie war ihr Gott Jahwe, der alles in der Hand hat und diese Welt regiert. Und das wurde schon im Schöpfungsbericht ganz am Anfang der Bibel zum Ausdruck gebracht: „Und Gott machte zwei große Lichter. Ein großes Licht, das den Tag regiere, und ein kleines Licht, das die Nacht regiere, dazu auch die Sterne“ (1. Mose 1, 16). Im hebr. Urtext steht für „Lichter“  das deutsche Wort „Lampe“. Es trifft den Kern. So wichtig Sonne und Mond auch sind. Sie sind Lampen, die von Gott gesetzt sind. Er hat alles im Griff. Und das gilt auch für die gegenwärtige Coronapandemie.

Wenn Corona will, steht (noch9 manches still, Update 149 vom 11.08.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Die Bratwurst macht den konfessionellen Unterschied

Es war eine meiner interessantesten Erfahrungen beim Dorffest Altensittenbach. Der Unterschied zwischen Katholisch und Evangelisch liegt in der Bratwurst. Wer hätte das gedacht? Ich zitiere dazu aus meiner Predigt zum Dorffest am 07.08.2004: „In den Nürnberger Nachrichten vom 05.07.2004 erschien ein Artikel unter der Überschrift. „Die besten Bratwürste sind evangelisch“. Der Buchautor Heinrich Höller fand beim wohligen Nachsinnen über die kulinarischen Freuden heraus, dass er sich alle Bratwürste, die ihm geschmeckt hatten, in evangelischen Regionen Frankens einverleibt hatte. Er forschte weiter und entdeckte den Grund. In katholischen Gegenden ist der Brätanteil sehr hoch. Hoch dosiertes Brät enthalten z.B. jene Bratlinge, die unter dem Namen „Schweinswürstl“ südlich der Donau serviert werden. Die ideale Protestantenwurst enthält überhaupt kein Brät, sondern kommt aus dem Fleischwolf und ist freigiebig mit Majoran gewürzt. Es soll sogar einen Metzgerladen geben, in dem könne man heute noch evangelische oder katholische Bratwürste verlangen, ohne dass die Verkäuferin mit der Wimper zuckt. Die Größte im Lande ist die Kleinste: die Nürnberger Rostbratwurst. Natürlich ist sie zu finden in der ehemaligen freien Reichsstadt, die als einer der ersten zu Beginn der Reformation evangelisch wurde (1525).

Ach, endlich wissen wir es! Der Unterschied in den Konfessionen liegt an der Bratwurst. Wenn wir sonst keine Sorgen haben!! Wir hätten uns fast 500 Jahre Trennung in Katholisch und Evangelisch ersparen könne, wenn wir gegenseitig die andere Bratwurst ohne Vorurteile gegessen hätten. Der ganze Streit um theologische Unterschiedlichkeiten löst sich in der Bratwurst auf: mit oder ohne Brät – wie hätten Sie es gerne? Wie viel Streit könnten wir uns ersparen, wie viele lieblose Worte müssten nicht fallen, wie viel sinnloses Aufbegehren könnte entfallen. Wir essen miteinander Bratwurst – egal ob es ein evangelisches oder ein katholisches Exemplar ist – und vertragen uns…so gesehen gilt: Sie sind als Besucher hier am Dorffest am richtigen Platz. Alt und Jung, Katholisch und Evangelische und Menschen, die sonst noch in irgendeine Schublade gesteckt werden, kommen zusammen. Sie feiern und reden miteinander. Sie lassen sich Kuchen und Bratwürste schmecken. Wohl dem, der das genießen kann und keine anderen Sorgen hat als die, dass der konfessionelle Unterschied zwischen Katholisch und Evangelisch in den Bratwürsten liegt.

Ich jedenfalls verspeise jetzt gleich eine Bratwurst. Eine Evangelische? Natürlich, nicht weil ich evangelischer Pfarrer bin, sondern weil ich hier in Franken lebe. Aber wenn diese Bratwurst katholisch wäre, würde ich sie auch mit dem gleichen Appetit essen. Sogar als evangelischer Pfarrer, oder vielleicht gerade deshalb.

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 148 vom 10.08.2020

Tägliche Gedanken in einer schwierigen Zeit, heute von Emil Raab

Aufeinander zugehen, nicht aufeinander losgehen

Das erste Dorffest fand in Altensittenbach am 8. August 1992 statt. Es beteiligten sich 12 Verein bzw. Gruppen. Im Dorffestkomitee (bestehend aus den Vorständen der Vereine) gab es – wie sollte es auch anders sein – ab und an verschiedene Meinungen über die Verwendung der „Spende“. Deshalb genehmigte sich das Komitee am 31. Juli 1995 eine Satzung. In dieser findet sich ein Zitat von Altbürgermeister Endres: „Aufeinander zugehen, nicht aufeinander losgehen“. Im Lauf der Jahre änderten sich die Personen und die Meinungen im Komitee. Neue Vorstände rückten in den Vereinen nach. Es wurde immer schwieriger, die notwendigen Mitarbeiter/-innen zu begeistern und zu bekommen. In den Jahren 2005 und 2006 musste das Dorffest wegen schlechten Wetters abgesagt werden. Eine Weiterführung des Dorffestes war nicht mehr möglich und so beschloss das Komitee in der Sitzung am 30.08.2008 einstimmig die Auflösung der Dorffestgemeinschaft. Ich denke an die Zeit nach Corona und mir fällt eine Kindheitserinnerung ein. An langen Wintertagen spielte mein Vater mit seiner Geige Kirchenlieder und meine Mutter sang dazu. In guter Erinnerung habe ich das Lied EG 596:

Harre, meine Seele, harre des Herrn; alles ihm befehle, hilft er doch so gern! Sei unverzagt, bald der Morgen tagt, und ein neuer Frühling folgt dem Winter nach. In allen Stürmen, in aller Not wird er dich beschirmen, der treue Gott!

Harre, meine Seele, harre des Herrn; alles ihm befehle, hilft er doch so gern! Wenn alles bricht, Gott verlässt uns nicht; größer als der Helfer ist die Not ja nicht! Ewige Treue, Retter in Not, rett auch unsre Seele, du treuer Gott!“

Bleiben Sie gesund!

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 147 vom 09.08.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Miteinander feiern

Heute haben wir das zweite Wochenende im August. Bis vor gut 15 Jahren war das für die Altensittenbacher eine besondere Zeit. Sie feierten das Dorffest. Als ich 1996 im Herbst hierhergekommen bin, wurde mir das schon bei den Grußworten nach dem Einführungsgottesdienst vorangekündigt. Ich wartete also fast 10 Monaten auf diesen großen Tag. Dann war es so weit. Die insgesamt 12 damaligen Vereine des Dorfes bereiteten alles vor und es herrschte eine angenehme Atmosphäre. Ich erinnere mich an viele Gespräche am Biertisch. Am Abend gab es Livemusik und das gesamte Dorf präsentierte sich als Einheit. Neben dem Grußwort des Bürgermeisters konnte ich als Pfarrer eine kleine Andacht halten. Ein Drittel des Gesamterlöses des Festes wurde einem guten Zweck gespendet wie z.B. auch der Diakonie. Einmal wurde mit der Spende in unserer Kirchengemeinde ein neuer Kelch angeschafft, weil ein sehr alter nicht mehr benutzt werden konnte. Diese Spende des Dorffestes hat nicht unwesentlich dazu beigetragen, dass der neue Kelch finanziert werden konnte. Noch heute bin ich allen Verantwortlichen dafür dankbar.

Nach etwa 5 bis 7 Jahren habe ich aber gemerkt, dass die Begeisterung nachließ. Fast jeder Verein hatte mittlerweile seine eigenes „kleines“ Fest. Der Hersbrucker Ortsteil „Altensittenbach“ fällt auch flächenmäßig auseinander und ist kein Dorf mehr im klassischen Sinn. Das große Neubaugebiet im Hirtenbühl Richtung Reichenschwand zeigt das deutlich. Mittlerweile wurde und wird dieser Ortsteil noch zweimal erweitert. Der Zusammenhalt eines Dorfes ist kaum mehr zu erkennen. Die einzelnen Vereine kämpfen teilweise ums Überleben. Das gilt vor allem für die Vereine, die schon weit über 100 Jahre alt sind. Neue Vereine kennen diese Tradition des „Dorffestes“ nicht mehr bzw. wollen dies auch nicht mehr beleben. Auf der einen Seite ist dies zu bedauern, auf der anderen Seite ist das auch hinzunehmen. Dinge und Situationen verändern sich. Alle Zeiten haben ihre eigenen Gesetze und Formen. Gute alte Traditionen gehen zu Ende. Auf der anderen Seite ist das klaglos hinzunehmen. In Nostalgie zu verfallen, wäre schlimm. Es ist eben so wie es ist und es gilt, das Beste daraus zu machen.

Das gilt auch für die Kirchengemeinde Altensittenbach. Und es fällt mir nicht immer leicht, die unterschiedlichen Meinungen und Vorstellungen zusammenzubringen. Letztlich steht das alles auch in Gottes Hand. Aber immerhin eines habe ich bei der Vorbereitung für eine Andacht auf dem Dorffest gelernt: Der Unterschied zwischen Katholisch und Evangelisch liegt in der Bratwurst. Aber davon dann übermorgen mehr.

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 146 vom 08.08.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Was macht denn so ein Landpfarrer?

Es ist irgendwann im März 1995. Das Telefon im Pfarramt Alerheim klingelt. Ich gehe ran und melde mich. Am anderen Ende meldet sich der bayrische Rundfunk. Eine ruhige Frauenstimme erzählt mir, dass Sie Rundfunkjournalistin ist. Sie möchte mit mir gerne eine Reportage zum „Augsburger Friedensfest“ machen. Jedes Jahr wird an diesem Tag eine einstündige Reportage über eine Person gesendet. Diesmal soll es über mich gehen. Ich bin überrascht und stolz zugleich. Ich frage nach, wie der bayr. Rundfunk denn zu mir gekommen ist. Die Reporterin erzählt, dass sie aus dem nahegelegenen Marktflecken Harburg stammt. Es sollte eine Reportage über einen „Landpfarrer“ geben und sie hat den dortigen Bürgermeister gefragt. Dieser meinte: „Gehen sie nach Alerheim und befragen sie Pfr. Metzger“. Hintergrund war, dass ich einmal etwa sieben Monate lang als Vakanzvertreter in dieser evangelischen Gemeinde ausgeholfen habe. Die Beziehungen, die ich geknüpft hatte, waren sehr gut und die Zusammenarbeit mit der Kommune war ausgezeichnet. „Was erwartet mich denn?“ Bei dieser Rückfrage war die Reporterin eher ein wenig zugeknöpft. „Warten sie mal ab. Ich melde mich wieder und dann bleibe ich einen ganzen Tag in Alerheim“. Dann legte sie auf.

Es hat lange gedauert bis der nächste Anruf von ihr kam. Ich hatte diese Einladung schon fast vergessen. „Ich will schon nächste Woche kommen. Geht das?“ Plötzlich erinnerte sie mich wieder an den Anruf. Ich stimmte zu und so stand sie an einem Donnerstag morgen vor meiner Tür. Ich nahm sie den ganzen Tag zu verschiedenen Tätigkeiten eines Pfarrers mit. Besuche im Krankenhaus, Geburtstagsbesuche, Schulunterricht, Krankenbesuch und am Abend war ich bei einem Landwirt. Dieser erzählte dann auch ausführlich von seinen Sorgen und Mühen. Am Nachmittag spielte ich mit meinem dreijährigen Sohn im Pfarrhausgarten ein wenig Fußball und sie machte in dieser Zeit das Interview mit mir. Für mich eine besondere Erinnerung, weil mein unheilbar kranker Sohn damals noch sehr gut laufen konnte und begeisterter Fußballer war. Von seiner Krankheit wussten meine Frau und ich damals noch nichts. Was ich aber nicht wusste war, dass die Reporterin nach jedem Gespräch mich aus dem Raum geschickt hat und mit den Gesprächspartner alleine über mich geredet hat. Sie wollte ehrliche Meinungen von Menschen über ihren Pfarrer senden und kein „zur Schau stellen“. Die Antworten wurden mir nicht mitgeteilt.

So war ich am 08.08.1995 selbst auf die Antworten der Gemeindemitglieder gespannt. Wie fallen diese aus? Was sagen sie von mir, wenn ich nicht dabei bin? Ich war zufrieden!! Meine Familie saß an diesem Friedensfest 1995 gerade im Auto auf dem Weg in die Fränkische Schweiz nach Plech. Wenige Tage später sind wir zum ersten Mal durch Altensittenbach gefahren und ich hätte damals nie gedacht, nur ein Jahr später in diesem Ortsteil von Hersbruck mittlerweile seit 24 Jahren Pfarrer zu sein.

Wenn Corona will, steht (noch) manches still, Update 145 vom 07.08.2020

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Wo gibt es die meisten gesetzlichen Feiertage?

Die Quizfrage lautet: In welchem Bundesland gibt es die meisten gesetzlichen Feiertage? Ich denke, neun von zehn Gefragten kennen die richtige Antwort: In Bayern. In Berlin dagegen gibt es so viel weniger Feiertage, dass der Senat in diesem Jahr beschlossen hat: Wir brauchen noch einen Feiertag, damit unsere Arbeiter nicht so viel mehr als die in Bayern arbeiten müssen. Es gab ein langes Ringen. Ein kirchlicher Feiertag durfte es nicht sein, weil in Berlin zu wenig Christen wohnen – so war zumindest die Meinung der dortigen Regierung. Ich habe mir bei den Diskussionen gedacht: Wie wäre es z.B. im Iran. Würden die Verantwortlichen auch einen zusätzlichen Feiertag aussuchen, der nicht nach islamischer Tradition auf der Hand liegt. Denn im Grundgesetz der Bundesrepublik steht ganz am Anfang in der Präambel: „Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen…“. Für mich interessant, dass zuerst Gott genannt wird und dann die Menschen.

Sei es drum. Der Berliner Senat hat den 08.03. als neuen Feiertag festgelegt. Es ist der Weltfrauentag. Es ist für unser Land beschämend, dass Frauen in der Öffentlichkeit und im Beruf immer noch benachteiligt sind. Wenn dieser Feiertag in der Hauptstadt hilft, dass Frauen mehr und besser wahrgenommen werden, dann kann solch eine Entscheidung eine gute Sache sein.

Aber zurück zur Eingangsfrage. In Bayern gibt es die meisten Feiertage. Das ist nicht verkehrt, trifft aber auch nicht ganz die Wahrheit. Manche antworten: Die meisten Feiertage gibt es in katholischen Gebiete. Sie erwähnen den 15.08.2020. Es ist das „Fest Mariä Himmelfahrt“. Es ist nur in den Kommunen gesetzlicher Feiertag, in denen die Katholiken gegenüber den Evangelischen in der Mehrheit sind. Aber auch diese Antwort alleine stimmt noch nicht ganz. Die meisten gesetzlichen Feiertage gibt es in einer bayrischen Stadt, weil nur dort morgen wie jedes Jahr ein Feiertag festgesetzt ist. In Augsburg wird das sog. „Hohe Friedensfest“ gefeiert und Arbeitnehmer müssen an diesen Tag nicht arbeiten bzw. können sich das als Feiertag anrechnen lassen. In diesem Jahr allerdings nicht. Denn sowohl der 08.08.2020 als auch der 15.08.2020 sind Samstage. Der Grund dieses Festes in Augsburg liegt in einer Krise. Ursprünglich feierten die Augsburger Protestanden damit das 1648 durch den sog. Westfälischen Frieden eingeleitete Ende ihrer Unterdrückung während des 30-jährigen Krieges. Am 08.08.1629 wurde den Augsburger Protestanden die Ausübung ihres Glaubens untersagt. Dieses Datum, der 08.08., wurde deshalb hergenommen, um an diesen konfessionellen Streit zu erinnern.

Das Friedensfest sollte ein Ausdruck des Dankes der Protestanten sein für die Erhaltung ihres Glaubens in dieser Stadt. Und deshalb freuen sich alle Einwohner für den 1950 eingeführten zusätzlichen gesetzlichen Feiertag. Ein Beispiel dafür, wie aus einer Krise etwas Gutes entstehen kann. Persönlich habe ich zu diesem Fest eine ganz besondere Geschichte. Aber davon dann morgen mehr.