Wenn Corona will, steht (wieder überall) fast alles still, Update 320 vom 29.01.2021

Tägliche Gedanken in einer schwierigen zeit, heute von Silvia Dörr

Anker in der Zeit

  1. Es gibt bedingungslose Liebe,

die alles trägt und nie vergeht

und unerschütterliche Hoffnung, die jeden Test der Zeit besteht.

Es gibt ein Licht, dass uns den Weg weist, auch wenn wir jetzt nicht alles sehn.

Es gibt  Gewissheit unsres Glaubens, auch  wenn wir manches nicht verstehn.

2. Es gibt Versöhnung selbst für Feinde und echten Frieden nach dem Streit.

Vergebung für die schlimmsten Sünden, ein neuer Anfang jederzeit.

Es gibt ein ew‘ges Reich des Friedens.

In uns‘rer Mitte lebt es schon:

ein Stück vom Himmel hier auf Erden, in Jesus Christus Gottes Sohn.

Chorus: Er ist das Zentrum der Geschichte, er ist der Anker in der Zeit.

Er ist der Ursprung allen Lebens und unser Ziel in Ewigkeit, und unser Ziel in Ewigkeit.

3. Es gibt die wunderbare Heilung , die letzte Rettung in der Not.

Und es gibt Trost in Schmerz und Leiden, ewiges Leben nach dem Tod.

Es gibt Gerechtigkeit für alle, für uns‘re Treue ew‘gen Lohn.

Es gibt ein Hochzeitsmahl für immer mit Jesus Christus, Gottes Sohn.

Chorus: Er ist das Zentrum der Geschichte ……2x

Wenn ich dieses Lied von Albert Frey singe, überkommt mich eine Leichtigkeit und es fühlt sich an, als würde mir persönlich Trost zugesprochen.

Gerade in der jetzigen Situation kommen Fragen, Sorgen und Zweifel auf, die meinen Alltag prägen.

Da wir zur Zeit auch die Möglichkeit in Gottesdiensten zu Singen eingeschränkt haben, habe ich das Lied eingespielt und lade ganz herzlich zum Mitsingen ein.

Ich hoffe, ich kann damit einige Herzen erfreuen.

Der Liedtext stammt aus Kolosser 1 Vers 15 – 16

Wenn Corona will, steht (wieder überall) fast alles still, Update 319 vom 28.01.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Brav sein?!

Vor mir liegt die Hersbrucker Zeitung (Regionalausgabe der Nürnberger Nachrichten) vom 27.01.2021. Ich schaue nach den Indzidenzwerten und lese die Zahl 51,52 für den Landkries Nürnberger Land. Wir stehen tatsächlich ganz unten in der Tabelle. Nur in der Stadt Bamberg ist der Wert noch niedriger. Vor knapp einer Woche war es abzusehen, dass unser Landkreis im Verhältnis zu anderen Regionen niedrige Zahlen hat.

Bei einem Gespräch mit einem Altensittenbacher sind wird auf dieses Thema gekommen. Wir haben gemeinsam überlegt, woher das wohl komme. Ein Grund ist vielleicht der, dass es einige Alten- und Pflegeheim schon getroffen hat und deshalb kaum mehr Infizierungen dort gezählt werden können. Mittlerweile sind viele Bewohner/-innen auch schon zweimal geimpft worden. Irgendwann bei unseren Überlegungen fällt der Satz: „Herr Pfarrer, wir sind halt sehr brav“.

Diese Beschreibung hat mich innerlich aufgerüttelt. Ich habe darüber nachgedacht, wo und wie ich in meinem Leben dieses Wort schon gehört habe. Ich denke dann an den Umgang mit kleinen Kindern. „Wir haben ein sehr braves Kind“ haben viele Eltern zu mir gesagt, um zu beschreiben, dass ihr kleines Baby schon durchschläft. Bei Besuchen sagen Erwachsene zu ihren Kindern: „Seid schön brav beim Opa und nicht so laut“. Das höre ich auch immer wieder, wenn mal Kinder im sonntäglichen Hauptgottesdienst dabei sind. Wenn sie relativ ruhig bleiben, dann sagen die Erwachsenen zu den Eltern: „Sie haben ja ein braves Kind“. Ich bin da inhaltlich übrigens völlig anderer Meinung. Kinder dürfen in Gottesdiensten durchaus mal laut sein! „Brav sein“ wird also mit „Ruhig sein, nicht aufsässig sein“ umschrieben. Spannend war es für mich, wenn mein Vater zu mir und meiner ein Jahr älteren Schwester beim Fortgehen zum Tanzen sagte: „Und seid auch schön brav“. Nicht ein einziges Mal hat er mir erklärt, was er damit gemeint hat. Ich habe auch nicht nachgefragt. Ich musste es mir denken, was er damit gemeint hat. Vielleicht haben die Leser/-innen ähnliche Geschichten jetzt in ihren Köpfen.

Brav sein“. Ist das eine Tugend? Oder ist das ein Merkmal für Duckmäusertum? Oder ist das ein Ergebnis eines bestimmten autoritären Erziehungsstiles? Für die 68-er-Generation im vergangenen Jahrhundert war diese Haltung des „Brav seins“ wohl mit ein Motiv für ihre Aufsässigkeit.

Auf der anderen Seite ist es auch eine positive Haltung, wenn Menschen genau nachfragen und bestimmte Regeln mitgehen um Schlimmeres zu vermeiden. In der Coronakrise wird das deutlich sichtbar. Wer weiß? Vielleicht leben die Menschen im Landkreis Nürnberger Land tatsächlich vorsichtiger und glauben den Politikern mehr als in anderen Regionen unseres Landes. Aber kann ich das dann mit „Brav sein“ umschreiben? Und ganz ehrlich: Wenn das dazu führen würde, dass der Inzidenzwert bei uns niedrig bleibt und wir somit schneller wieder mehr Freiheiten leben können als andere, dann kann das mir nur recht sein.

Wenn Corona will, steht (wieder überall) fast alles still, Update 318 vom 27.01.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Leid – ohne Namen

Es hätte so schön sein können. Ich hatte mir das vor Augen schon ausgemalt. Die Studienfahrt Ende August/Anfang September 2020 nach Polen in die Masuren. Leider ist es aus den bekannten Gründen anders gekommen. Pfr. Martin Kühn als Organisator und busfahrender Pfarrer hatte auf der Rückfahrt noch einen besonderen Ort ausgewählt: KZ Auschwitz mit dem Vernichtungslager Birkenau. Ich war noch nie dort. Mein einziger Besuch in einem KZ war 1990 im KZ Buchenwald. Es war der Ort, an dem Pfr. Schneider, der Prediger von Buchenwald umgebracht wurde (siehe mein Update 125 vom 18.07.2020).

Etwa 90 % der gefangenen Menschen in Auschwitz waren Juden. Dieses KZ steht symbolisch für alle ermordeten Juden im sog. dritten Reich. Heute vor genau 76 Jahren, am 27.01.1945, hat die Rote Armee den Lagerkomplex befreit. Seit 1996 ist dieser 27. Januar der „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“.

In unserer Stadt Hersbruck findet in normalen Zeiten an diesem Tag ein besonderer Gottesdienst in der Spitalkirche statt mit anschließender Lichterkette zum sog. Bocchetta-Denkmal. Diese Skulptur trägt den Namen „1944 – 1945 ohne Namen“. Der Künstler selbst hat sie am 8. Mai 2007 enthüllt und der Öffentlichkeit übergeben. Von August 1944 bis April 1945 war in Hersbruck ein Außenlager des KZ Flossenbürg. Die Häftlinge trieben eine unterirdische Stollenanlage für die Rüstungsindustrie in die Houbirg bei Happurg. Innerhalb kurzer Zeit, in der das Außenlager bestand, verloren nahezu 4000 Menschen ihr Leben. Die Skulptur steht am Rande des Geländes, auf dem das Außenlager des Konzentrationslagers Flossenbürg vor der SS errichtet worden war.

Vittore Bocchetta litt als Mitglied des Veroneser Widerstandes zwischen 1940 und 1945 in Gefängnissen des italienischen Faschismus und in nationalsozialistischen Konzentrationslagern. Er wurde aus dem Lager Bozen in das KZ Flossenbürg und in das Außenlager Hersbruck deportiert. Er hat diese Skulptur als Bildhauer, nicht als Verurteilter und ehemaliger Häftling, zur Erinnerung an all die Menschen, seine Kameraden, erschaffen, die im Außenlager in Hersbruck ihren Namen, ihre Würde und ihr Leben verloren haben. Mehrmals war er in unserer Stadt und hat in Schulen und anderen Veranstaltungen von dieser Erniedrigung von Menschen berichtet. Er gehört mit jetzt über 100 Jahren zu den noch wenig lebenden Zeitzeugen dieser schlimmen Epoche. Vor sechs Jahren gab es die Versöhnungsmärsche „Marsch des Lebens“. Einer ging von Hersbruck über mehrere Tage nach Dachau. In das dortige KZ mussten viele Gefangenen am Ende des zweiten Weltkrieges vom Außenlager Hersbruck zu Fuß gehen. Die Skulptur selbst spricht Bände und ich finde keine Worte, sie zu beschreiben. Da kann nur jede/r selbst mit seinen eigenen Gedanken und Gefühlen verweilen und hoffen, dass es solche schlimme Situationen nicht mehr geben wird.

Die Skulptur „1944 bis 1945 – ohne Namen“ in Hersbruck

Wenn Corona will, steht (wieder überall) fast alles still, Update 317 vom 26.01.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Steh auf und geh!

Es ist der 15.01.2021. Wie immer höre ich nach dem Essen B 5 aktuell. Ich schlage damit zwei Fliegen mit einer Klappe. Ich spüle die sperrigen Teile des Geschirrs mit der Hand und höre die neuesten Meldungen. Dann kommt eine Meldung, die mich vom Hocker reißt: Hoffnung für Querschnittsgelähmte. Der Reporter berichtet von einer Entdeckung der Ruhr-Universität Bochum, die weltweit für Aufsehen sorgt. Mit einer Gentherapie brachten die Wissenschaftler komplett gelähmte Mäuse wieder zum Laufen. Ich zitiere: „Bislang sind Lähmungen, die auf Verletzungen des Rückenmarks zurückzuführen sind, nicht heilbar. Die Forschungsergebnisse aus Bochum könnten dazu beitragen, neue Therapien für querschnittsgelähmte Menschen zu finden. Denn die müssen bisher davon ausgehen, dass sie ihr Leben lang im Rollstuhl sitzen…Ein Mittel, das rückgängig zu machen, gibt es noch nicht für Menschen. Bei Mäusen ist das jetzt erstmals gelungen“. Nach drei Wochen der Behandlung konnten Mäuse wieder tatsächlich die Pfoten aufsetzen und Schritte machen.

Der Schlüssel zu diesem Erfolg ist das Eiweißmolekül „Hyper-Interleukin 6“. Es regt die Nervenzellen dazu an, nachzuwachsen und sich wieder miteinander zu verbinden. Die Forscher haben Erbinformationen dieses Moleküls ins Gehirn der Mäuse gespritzt und das heilsame Protein breitet sich von dort auch in Zellen anderer Gehirnregionen aus. Jetzt liegt die Hoffnung darauf, dass diese Therapie irgendwann auch bei Menschen mit Querschnittslähmungen erfolgreich angewandt werden kann.

Mich hat das sofort an viele Bibelstellen und Bibelgeschichten erinnert. Denn eine Heilung von Gelähmten und anderen von unheilbaren Krankheiten Betroffenen war schon in biblischen Zeiten Zeichen für den Messias. Im elften Kapitel des Matthäusevangeliums sendet Johannes seien Jünger vom Gefängnis aus zu Jesus und lässt fragen: „Bist du, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten. Und dann gibt Jesus folgende Antwort: „Geht hin und sagt Johannes wieder, was ihr hört und seht: Blinde sehen und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote stehen auf und Armen wird das Evangelium gepredigt, und selig ist, wer sich nicht an mir ärgert“ (Mt 11, 1 – 6).

Im Evangelium des Johannes im fünften Kapitel wird erzählt, wie Jesus den Lahmen am Teich Bethesda geheilt hat. Seit 38 Jahren war er krank und wartete darauf, geheilt zu werden. Dann kommt Jesus und heilt ihm am Sabbat, was für fromme Juden verboten war. Jesus aber schaut auf den Menschen mehr als auf Gesetze und Verbote. So erlebte dieser Mensch diese Wunderkraft von Jesus und das schon 2000 Jahre bevor menschliche Wissenschaftler sich auf den Weg machen, mit Hilfe von genetischer Therapie erste Erfolge bei Gelähmten zu verkünden.

Wenn Corona will, steht (wieder überall) fast alles still, Update 316 vom 25.01.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Woher hat der Neandertaler seinen Namen?

Ich will mit euch über unsere Vorfahren reden“. Dieses Eingangswort unseres Lehrers in der 5. Klasse der Hauptschule hat mein Interesse geweckt. Ich dachte noch: Was kommt jetzt? Geht es über Affen? Oder geht es über biblische Texte? Wird er von Adam und Eva reden? Aber ich bin doch jetzt nicht im Religionsunterricht? Der Lehrer zeigte ein Bild von einem Neandertaler. „So sahen unsere Vorfahren aus. Schaut genau hin und entdeckt die Unterschiede zu uns. Wir werden die Homo Sapiens genannt“.

Im Laufe der nächsten Unterrichtsstunden haben wir dann viel gelernt. Ich habe mir nicht sehr viel von damals gemerkt. Aber das bleib in meinem Kopf: Der Neandertaler hatte eine andere Kopfform und ist vor ungefähr 40.000 Jahren ausgestorben. Eine kleine Nebenbemerkung des Lehrers ist mir auch noch in Erinnerung: „Der Neandertaler war nicht sehr klug“. Übrigens: Der Neandertaler hat vermutlich 300 000 Jahre gelebt! Ob wir, die Homo Sapiens, das auch einmal schaffen werden bei diesem Raubbau mit der Schöpfung!!!!!????

Viele Jahre lang habe ich mich damit nicht mehr beschäftigt. Ich war schon Pfarrer als mir eine Predigt zum Lied. „Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren“ in die Hände fiel. Ich staunte nicht schlecht. Der Liederdichter dieses Liedes, Joachim Neander, ist der Namensgeber dieses Vorläufers heutiger Menschen. Er war Sohn eines Pfarrers und studierte selbst reformierte Theologie in Bremen. 1674 wurde er Rektor der Lateinschule in Düsseldorf. Er verfasste viele Texte und Lieder. Inspiriert wurde er vor allem bei seinen Spaziergängen in der eindrucksvollen Schlucht der Düssel bei Mettmann. Und genau dort wurde der erste Neandertaler gefunden. Ihm zu Ehren wurde dieser Urmensch deshalb „Neandertaler“ genannt.

Schon mit 29 oder 30 Jahren ist Joachim Neander gestorben. Obwohl noch so jung, hat er viele beachtliche und bekannte Liedtexte hinterlassen. Allein sechs Lieder finden sich im EG (Evangelischen Gesangbuch). Der bekannteste Choral ist das oben genannte Lied, das unter den Nr. 316 bzw. 317 (ökumenischer Text) zu finden ist. Deshalb heute dieses Update. Und wie oft habe ich schon gedacht: Warum hat Gott diesen begnadeten Liederdichter in solch jungen Jahren sterben lassen? Wie viele Lieder hätte er noch schreiben können, die wir noch heute kennen würden? Wie viele Melodien von ihm würden wir noch heute singen können? Aber das weiß nur Gott allein. Zum Beispiel beim Lied „Wunderbarer König“ (EG 327) stammen Text und Melodie von ihm.

Wunderbarer König, Herrscher von uns allen, lass dir unser Lob gefallen. Deine Vatergüte hast du lassen fließen, ob wir schon dich oft verließen. Hilf uns noch, stärk uns doch; lass die Zunge singen, lass die Stimme klingen. Himmel, lobe prächtig deines Schöpfers Taten mehr als aller Menschen Staaten. Großes Licht der Sonne, schieße deine Strahlen, die das große Rund bemalen. Lobet gern, Mond und Stern, seid bereit, zu ehren einen solchen Herren“.

Dieses Lied wird gespielt von meiner Schwägerin Silvia Dörr

Wenn Corona will, steht (wieder überall) fast alles still, Update 315 vom 24.01.2021

Tägliche Gedanken in einer schwierigen Zeit, heute von Pfr. Dr. Siegfried Schwemmer (Hintergrund ist die Tatsache, dass heute der erste Abendmahlsgottesdienst in diesem Jahr in der Thomaskirche geplant war. Da passt der Text sehr gut dazu)

Lebensfreude

Ich war noch nicht lange Pfarrer, als bei einer Abendmahlsfeier der Wein zur Neige ging: Eine komische Situation, die wir beheben konnten, weil ein Kirchenvorsteher schnell nach Hause lief und eine Flasche Wein aus seinem Keller holte. Mit Verzögerung konnte die Feier des Heiligen Mahles fortgesetzt werden.

An diese Begebenheit muss ich denken, wenn ich lese, dass Jesus mit seiner Mutter und den Jüngern auf einer Hochzeit in Kana war (Johannes 2,1-12): Als sie fröhlich feierten, ging der Wein aus. Die Gäste saßen auf dem Trockenen. Da ließ Jesus Wasser in Krüge füllen und verwandelte das Wasser in sechshundert Liter besten Wein. Das Johannesevangelium berichtet: Es war das erste Zeichen, das Jesus tat. Dieses Zeichen der Freude steht wie ein Vorzeichen über dem Leben Jesu.

Jesus weiß, wie sehr die gekelterten Früchte des Weinstocks zu dieser Freude beitragen. Der Weinberg, der Weinstock, die Weinrebe sind fester Bestandteil in seiner Verkündigung. Jesus aß und trank mit Zöllnern, Sündern und mit seinen Jüngern. Er musste sich den Vorwurf gefallen lassen, ein Fresser und Weinsäufer zu sein (Matthäus 11,19). Jesus war immer Herr seiner Selbst. Aber er hatte Freude am Leben.

Schon der Beter des Psalms sagt: Der Wein erfreut des Menschen Herz (Psalm 104,15). Im Buch Jesus Sirach lesen wir: Der Wein erquickt die Menschen, wenn man ihn mäßig trinkt! … Er ist geschaffen, dass er die Menschen fröhlich machen soll. Der Wein, zur rechten Zeit getrunken, erfreut Herz und Seele (Sirach 31,32-35).

Der Weinstock war vor mehr als 2000 Jahren das „edelste Produkt des palästinischen Kulturlandes“, und der vergorene Saft seiner Trauben ein uraltes Kultgetränk. Als Mose Spione in das Land Kanaan schickte, um die Lebensbedingungen dort zu erkunden, brachten sie eine riesige Traube mit, die zwei Männer kaum schleppen konnten: Der Beweis, dass in diesem Land Milch und Honig flossen. Seit dem Auszug aus Ägypten gehörte das Trankopfer zu jedem Brand- und Friedensopfer. Und beim Passahmahl gab und gibt es, neben dem ungesäuerten Brot, Wein. Auch zu dem letzten Passahmahl, das der Jude Jesus mit seinen Freunden in Jerusalem feierte, gehörte „das obligatorische Trinken von Wein“ (Roloff, Weinstock, in: Reclams Bibel Lexikon, 578).

Brot und Wein sind die Zeichen für das Heilige Mahl, das Christen am Tisch ihres Herrn feiern. Christus verbindet sich mit den elementaren Lebensmitteln, und er wird eins mit unserem Körper:

Christus inkarniert seinen Geist in die Materie. Er nimmt das Brot und sagt: Ich bin das Brot des Lebens (Johannes 6,30-35). Bei seinem letzten Mahl deutet er auf das Brot und sagt: Das bin ich, das ist mein Leib (Markus 14,22). Wenn wir in der Eucharistie seinen Leib empfangen wird er eins mit uns.

Ebenso zeigt Christus auf den Weinstock und auf seine Früchte und sagt: Ich bin der Weinstock (Johannes 15,1-8). Die reifen Trauben, die geerntet und gekeltert werden, sind Zeichen für seinen Tod, für sein Blut, das er vergießt. Beim letzten Mahl mit seinen Jüngern nimmt er den Kelch mit Wein und sagt: Das ist mein Blut, das für viele vergossen wird (Markus 14,24). Wenn wir in der Eucharistie sein Blut trinken, wird es zu unserem Blut.

Das Heilige Mahl ist ein Lebensmahl. Es ist Ausdruck der Lebensfreude. Wenn wir Christus essen und trinken, dann haben wir Anteil an seinem Leben. Sein Leib wird zu unserem Leib. Das ist die Wandlung!

Aus: Siegfried J. Schwemmer, Mut zur Veränderung. Christsein in der Gegenwart, KDP 2020, S. 135f.

Wenn Corona will, steht (wieder überall) fast alles still, Update 314 vom 23.01.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Ein Tritt in den Hintern??

Das war für mich eine sehr interessante Situation. Ich war 1988 nach Alerheim gekommen. Eines der ersten organisatorischen Dinge war die Erfahrung des sog. „Predigerkreises“. Insgesamt vier Pfarrer trafen sich regelmäßig und besprachen miteinander den Gottesdienstplan. Die Regel war, dass etwa alle zwei Wochen „getauscht“ wurde. So war ich fast alle zwei Wochen an einem anderen Ort als Prediger eingeteilt. Die Gemeindemitglieder haben uns als kollegial wahrgenommen und sich über „Abwechslung“ gefreut. Schon bei der ersten Besprechung wurden auch Lektoren und Prädikanten eingeteilt. „Bei diesem Lektor musst Du Dich um eine Fahrtgelegenheit kümmern. Er fährt kein Auto“ sagten meine Kollegen als ein bestimmter Name genannt wurde. „Aber das ist kein Problem, das wissen die Verantwortlichen und kümmern sich um Abholen und „Zurückfahren“.

Ich telefoniere mit diesem Prediger und er nennt mir in einem Nebensatz: „Ich bin ein Mennonit“. Ich staune. Ich hätte nie gedacht, dass jemand im Ries zu dieser Freikirche gehört, mit der die lutherischen Landeskirchen ein Abkommen getroffen hatten. Also schaue ich in meinen Unterlagen nach und entdecke viele interessante Informationen. Die Mennoniten gehen auf den niederländisch-friesischen Theologen Menno Simons zurück. Mit neun Jahren hat er schon beschlossen, Pfarrer zu werden. Am 26. März 1524 wurde er zum Priester geweiht. Über seine ersten Jahre äußerte er sich später kritisch. Nach eigenen Angaben führte er in den ersten Jahren als Pfarrer en ausschweifendes Leben, das von Glücksspiel und Alkohol geprägt war. Dann kamen bei ihm Zweifel an der katholischen Abendmahlslehre. Er studierte u.a. die Schriften von Martin Luther und deswegen wurde die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Dies gipfelte in den Erlass der Behörden vom 14.10.1529, dass schon der Besitz reformatorischer Schriften mit dem Tode bestraft werden würde.

Wenige Jahre später hinterfragte Menno Simons auch die Kindertaufe und schloss sich der sog „Täuferbewegung“ an. Er lehnte ab diesem Zeitpunkt die Praxis der Kindertaufe ab. Die niederländischen und norddeutschen Täufer wurden bald nach ihm als Mennoniten bezeichnet und später wurde daraus eine evangelische Freikirche. Bei meinem Theologiestudium in Marburg 1980 sagte der Professor der Kirchengeschichte bei einem Seminar: „Menno Simons wollte Luther seine Lehre darstellen um eine gemeinsame Strategie zu finden. Luther hat ihm wegen seiner Ablehnung der Kindertaufe mit dem Fuß einen Tritt in den Hintern gegeben und ihm so vor die Tür gesetzt“. Ich habe diese Geschichte nirgends gelesen. Ich weiß also nicht, ob sie stimmt. Aber eindrücklich ist sie schon. Ich bin froh, dass der Umgang zwischen Landeskirche und Freikirche jetzt ein ganz anderer ist. Heute vor genau 460 Jahren, am 23. Januar 1561 ist Menno Simons in Wüstenfelde bei Bad Oldeslohe gestorben. Deshalb ist der heutige 23.1. sein Gedenktag.

Wenn Corona will, steht (wieder überall) fast alles still, Update 313 vom 22.01.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Vom Schurken zum Glauben an Jesus kommen

Wie spricht Gott Menschen an, damit sie zum Glauben an Jesus kommen? Diese Frage beschäftigt viele Christen. Es gibt verschiedene Impulse und Möglichkeiten, denen sich Verantwortliche bedienen. Ich erinnere mich an meine Jugendzeit in den 70-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Fast jedes Jahr wurden in der Nähe meiner Heimat Evangelisationen angeboten und Menschen sind zum Glauben gekommen. Ich selbst habe von Kind an den Glauben an Jesus kennengelernt in der Familie, in der Schule und in der Jugendgruppe des CVJM. Ich bin sozusagen mit dem Erwachsenwerden in den Glauben an Jesus „hineingekommen“. Auch wenn ich manche Glaubensprägungen von damals „hinter mich gelassen habe“, möchte ich diese Zeit in meinem Leben auch im Rückblick nicht vermisst haben.

Daneben kenne ich Menschen, die auf einer eher radikalen Art und Weise zum Glauben gefunden haben. Sie waren im Leben „ganz tief unten“ und hatten dann Begegnungen mit Gott auf ganz verschiedene Art und Weise. Ich erinnere mich an Menschen wie Joe Scharwächter, genannt „Halleluja-Joe“. Er war ein Zuhälter und verbrachte fast 10 Jahre seines Lebens im Gefängnis. Dort kam er zum Glauben und wurde schließlich Pastor der Heilsarmee. Es kam zu einem erneuten Absturz, zu Ehebruch und Scheidung. Und wieder kam es zu einem Neuanfang mit Gott.

Warum ich das in diesem Update erzähle? Am 23.01.1790 und damit genau morgen vor 231 Jahren wurde das Schiff „Bounty“ eigenmächtig in Brand gesetzt, um jede von See aus sichtbare Spur zu vernichten. Die Geschichte der „Meuterei auf der Bounty“ gehört wohl zu den faszinierendsten Geschichten überhaupt und wurde mehrmals im Film umgesetzt. Am 18. April 1789 gab es die berühmte Meuterei an Bord. Kapitän Bligh wurde mit 18 treuen Mannschaftsmitgliedern im Pazifik auf einem kleinen Beiboot ausgesetzt und rettete sich und die anderen nach Timor. Die Meuterer dagegen segelten mit dem neuen Kapitän und Meutereianführer Fletcher Christian wieder nach Tahiti zurück. Einige bleiben dort (und wurden später alle entdeckt), die anderen flüchteten zu den Pitcairn-Inseln im südlichen Pazifik.

Als Kind von 10 Jahren habe ich den Film mit Marlon Brando in der Hauptrolle gesehen Meine Sympathien galten sofort den Meuterern. Inzwischen weiß ich, dass die Navigationskünste von Kapitän Bligh unübertroffen sind und er nur dadurch viele Menschenleben retten konnte. Als 1814 die Insel Pitcairn „entdeckt“ wurde, hat nur noch ein einziger der Meuterer überlebt: John Adams. Er war ein Straftäter und flüchtete mit der Bounty vor den Gerichten. Ab 1800 war er zusammen mit zehn polynesischen Frauen und 23 Kindern der einzige Erwachsene auf der Insel. Er fand den Glauben an Gott und bildete eine christliche Gemeinschaft. Deshalb wurde er begnadigt und gilt bis heute als geistiger Gründervater der Inselgemeinschaft. Der einzige Siedlungsort auf Pitcairn lautet bis heute Adamstown. So ist dieser Mann „auf Umwegen“ vom Straftäter zum Christen geworden, dem die Leute auf dieser Insel noch heute viel verdanken. Jedes Jahr am 23.1. verbrennen die Einwohner von Pitcairn zu Ehren der Bounty ein Schiff zur Erinnerung an dieses Geschehen. Und ich stelle fest, wie Gott aus Krisen etwas Gutes machen kann. Und das erhoffe ich mir auch von dieser Coronakrise.

Wenn Corona will, steht (wieder überall) fast alles still, Update 312 vom 21.01.2021

Tägliche Gedanken in einer schwierigen Zeit, heute von Dr. Mathias Kropf

Geh aus mein Herz…

Der Text eines bekannten Sommerliedes von Paul Gerhardt (1607–1676) „Geh aus mein Herz und suche Freud“ hat mich zum Schreiben dieser Zeilen angeregt. Ich fand die folgende Geschichte im Internet als ich für meine Frau Elena nach Informationen zu dem Text dieses Liedes für ihre Arbeit im Sigmund Faber Haus Hersbruck suchte. Erstmals erschien der Text und die Melodie zu diesem Lied 1653 in der fünften Auflage von Johann Crügers Gesangbuch. Johann Crüger (1598 – 1662) war seiner Zeit ein beliebter Komponist bekannter protestantischer Kirchenlieder und sozusagen der Hauptkomponist der Texte von Paul Gerhardt. Das folgende Gespräch zwischen Paul Gerhardt und dem Leiter des Schulchores in Mittenwalde (Brandenburg) habe ich stark verkürzt und überarbeitet. Den vollständigen Originaltext findet man unter: https://www.frieder-harz.de/pages/rel.paedagogische-beitraege/erzaehlen/die-geschichte-des-monats/2018/juli-2018-geh-aus-mein-herz.php

Und so beginnt diese Geschichte: „An einem Sommertag im Jahr 1653 sind zwei Männer unterwegs von der Stadt Mittenwalde in Brandenburg zu einem der nahe gelegenen Dörfer. Der eine ist Pfarrer Paul Gerhardt, der Stadtpfarrer von Mittenwalde, der andere ist der Leiter des Schulchors, der oft mit den Schulkindern in den Gottesdiensten singt. Pfarrer Gerhardt muss sich auch um die Dörfer im Umkreis der Stadt kümmern, und dazu gehört der Unterricht an den Schulen. Aus diesem Grund sind die beiden unterwegs.                                                                             

Der Kantor spricht zum Pfarrer Paul Gerhardt: „Sie können den Menschen so viel Tröstendes sagen – mit Ihren Worten, Gedichten und vor allem mit Ihren wunderbaren Liedern. Immer wieder kommen neue dazu. Ich übe sie sehr gerne mit den Kindern ein. Wir singen sie dann im Gottesdienst und üben sie mit der Gemeinde. Wie im Nu sind sie dann wie ein neues Goldstück in der Schatzkiste unserer Kirchenlieder, mit der Sie uns so sehr bereichern“.

Paul Gerhardt lächelt bescheiden und meint dann: „Gott hat mir die Gabe zum Dichten geschenkt, und von dieser Gabe teile ich gern aus“. Der Kantor antwortet: „Es sind so schöne Lieder, die uns das ganze Jahr hindurch, an Sonn- und Werktagen begleiten. Wir sind auch stolz darauf, dass sie bei uns in Mittenwalde entstehen und dann bald darauf im ganzen Land gesungen werden“.

Dann, nach einer längeren Gesprächspause, meint der Lehrer: „Ein wunderbarer Morgen ist es heute. An solchen Tagen gehe ich gerne mit den Kindern hinaus ins Freie. Wir hören, lauschen und schauen. Es ist ein wahres Gottesgeschenk, wie nach den schlimmen Kriegszerstörungen* wieder so viel Schönes wächst und gedeiht“.  [*Dreißigjähriger Krieg (1618 – 1648)]

Paul nickt und meint: „Mir bedeutet das Leben in und mit der Natur auch sehr viel“. So gehen sie schweigend weiter, lauschen und schauen. Sie hören das Morgengezwitscher der Vögel, das durch keine anderen Geräusche gestört wird, hören das Gesumm der Bienen und Hummeln, die eifrig nach Blüten suchen. Dazu kommt dann auch das Plätschern eines Baches, an dem sie gerade entlang gehen. Der Blick schweift weit über die Landschaft.

Dann meint Pfarrer Gerhardt: „Ich freue mich sehr, dass Sie mit den Kindern dieses Lauschen und Schauen einüben. Da können wir viel von Gottes Kraft spüren, die alles in der Natur durchdringt. Sie lässt immer wieder so viel Schönes wachsen und schenkt uns Freude, für die wir Gott danken können. Sie erinnert uns so auch daran, dass Gott viel Wunderbares für uns bereit hält, das wir jetzt noch gar nicht sehen und wissen, sondern nur erahnen können“. Der Lehrer hört aufmerksam zu, was Pfarrer Gerhardt sagt und meint dann ganz vorsichtig: „Sind das vielleicht schon Gedanken zu einem neuen Lied? Erlebe ich da gerade die Entstehung eines Sommerliedes mit, in dem es ums Lauschen und Schauen, um Danken und Loben geht?“ Paul Gerhardt lacht: „Sie können wohl Gedanken lesen“, und dann murmelt er leise vor sich hin: „Geh aus, mein Herz und suche Freud…“. Bis hier hin die Geschichte.

Mich hat in dem sehr einfühlsamen Dialog zwischen Paul Gerhardt und dem Kantor der Satz bewegt, wo es heißt: „Wir hören, lauschen und schauen“! Vieles können wir lauschend und sehend in der uns umgebenden Schöpfung mit allen Sinnen wahrnehmen. Einen schönen Bibelvers verbunden mit einer wunderbaren göttlichen  Verheißung finden wir in dem ersten Brief des Apostels Paulus an die Korinther im zweiten Kapitel:

Vers 9: „Was kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben.

Hier geht es auch ums Hören, Lauschen und Sehen, aber in eine ganz neue Dimension, die für unsere Sinne nicht direkt zugänglich ist. Es ist die Welt unserer Herzen, zu der wir im Glauben und im Gebet Zugang haben. Paulus bezieht sich in dem Vers 9 aus seinem ersten Korintherbrief auf einen Bibeltext des Propheten Jesaja. Dieser hatte schon vor etwa 2700 Jahren Gottes Verheißung für die, die IHN lieben nieder geschrieben: Auch hat man es von alters her nicht vernommen. Kein Ohr hat gehört, kein Auge hat gesehen einen Gott außer dir, der so wohl tut denen, die auf ihn harren.“ (Jes 64,3)

Das Wort „harren“, dass hier Luther verwendet, wird meist in der Bedeutung von „sehnsüchtig auf ein bestimmtes Ereignis warten“ gebraucht. Lernen wir wieder auf Gottes leise Impulse in unseren Herzen zu lauschen und zu hören! ER hat uns verheißen, dass Seine Schafe Seine Stimme hören werden (Joh 10,27). Die uns umgebende Natur mit ihrer Vielfalt an Farben und Formen, die Paul Gerhardt in seinem Sommerlied so wunderbar beschreibt, möchte uns dazu immer wieder ein inspirierender Wegweiser sein! Jeder Vers in diesem Lied ist schon ein kleines Gebet, das sich zum Himmel empor schwingt und von unserem Schöpfer ganz sicher vernommen wird:

„Mach in mir deinem Geiste Raum,

dass ich dir werd´ ein guter Baum,
und lass´ mich Wurzel treiben.

Verleihe, dass zu deinem Ruhm,
ich deines Gartens schöne Blum

und Pflanze möge bleiben.“

Wenn Corona will, steht (wieder überall) fast alles still, Update 311 vom 20.01.2021

Tägliche Gedanken von Pfr. Gerhard Metzger in einer schwierigen Zeit

Palliativ betreute Menschen impfen?

Viele Hoffnungen werden jetzt auf die verschiedenen Impfstoffe gesetzt. Offenbar haben viele Wissenschaftler auf der ganzen Welt zusammengearbeitet und so wurden im Schnellverfahren verschiedene Vakzine entwickelt. Viele Länder haben eine besondere Impfstrategie entworfen. Deutschland gehört auch dazu. Zuerst sollen die Menschen, Ärzte und Pfleger/-innen in den Alten- und Pflegeheimen geimpft werden. Neben Erfolgen gibt es nach den ersten Tagen auch negative Rückmeldungen. So sind einige Bewohner dieser Heime einige Tage nach der Impfung an Corona erkrankt und gestorben. In einer Woche wurden mir sechs Beerdigungen für unseren Friedhof gemeldet. Es sind alles Menschen, die zuletzt in einem Heim gelebt haben und an Corona gestorben sind.

Vorgestern habe ich dann eine besondere Meldung gelesen: „Geimpfte Bewohnerin in einer stationären Palliativstation nach der Impfung an Corona erkrankt und gestorben“. Diese Schlagzeile hat mich sehr zum Nachdenken gebracht. Ich habe selbst schon mehrere Leute seelsorgerlich betreut, die palliativ behandelt worden sind. Dieser Lebensabschnitt bereitet einen Menschen auf das Sterben vor. Helfer/-innen sind da und begleiten 24 Stunden. Jederzeit kann ein Arzt gerufen werden, der sofort kommt. Viele Menschen in diesem Stadium haben diese Begleitung sehr geschätzt im Wissen: Mein eigenes Sterben steht unmittelbar vor der Tür. Bei den verschiedenen Verstorbenen in letzter Zeit war kein einziger dabei, der trotz Corona einen „schlimmen“ Tod hatte. Mittels Medikamente konnte sehr gut geholfen werden, so dass der Sterbende ohne Schmerzen in Ruhe „einschlafen“ konnte. Ich bin darüber dankbar trotz aller Trauer für die Angehörigen.

Deshalb bin ich mir nicht sicher, ob es eine gute Entscheidung ist, Menschen bei Palliativbehandlung zu impfen und womöglich einer zusätzliche Coronainfizierung auszusetzen. Ich weiß auch nicht, ob diese Impfung immer im Sinne des Patienten geschehen ist. Oder ist es vielleicht Ausdruck dafür, dass ich als Mensch machtlos gegenüber den Tod bin und mit allen Mitteln versuche, diesen „nicht wahr werden zu lassen“.

Ich denke daran, dass ich bei fast jedem Beerdigungsgespräch die bekannten Worte aus dem Psalm 91, 12 bete: „HERR, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden“. In diesen Tagen ist mir dieser Gedanken wieder viel bewusster als sonst. Beim Gebet füge ich dann immer auch noch hinzu: „… und dir nachfolgen“. Und das ist mir ganz wichtig.